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Arcade Fire

Arcade Fire

We

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»Wir«, Menschenkinder des Jahres 2022, blicken in gestellte Gute-Laune-Visagen auf Instagram und Tiktok. Gleichzeitig finden ökonomischer Zusammenbruch, Klimakrise, Pandemie und Krieg statt. Willkommen in der Plastikwelt, die uns digital vorgaukelt, alles sei gut, doch in Wirklichkeit läuft da draußen alles aus dem Ruder. Arcade Fire besingen mit ihrem neuen Album in alter, an ihr Meisterstück »The Suburbs« aus dem Jahr 2010 anknüpfender Manier den Untergang eines Imperiums, das wir Spätmoderne nennen. So jagt thematisch ein Gegenwartsproblem das nächste – das digitale Rabbit Hole wird genauso verhandelt wie Smartphone-Sucht und Klimawandel. Für das Emo-Indie-Rock-Kollektiv um Sänger Win Butler ist »We« eine musikalische Rückbesinnung auf den alten Sound, der beim letzten Werk »Everything Now« abhandengekommen war. Damals versuchte sich die Band an einem an ABBA angelehnten Disco-Pop-Sound, der ihr einfach nicht stehen wollte. Fans waren enttäuscht. Und nun der sechste Streich: eine 40-minütige Fokussierung auf die eigenen Stärken. Zusammen mit Radiohead-Produzent Nigel Godrich entstanden glanzvoll wirkende Rock-Balladen à la »Bohemian Rhapsody«. Manchmal vielleicht ein bisschen zu dick aufgetragen. Doch dann reihen sich süße Sci-Fi-Pop-Elemente hinzu, die mit noch süßeren Texten (»Unconditional I (Lookout Kid)«) einen doch stimmigen Gesamteindruck hinterlassen. Für das Album der Stunde hat es diesmal nicht gereicht, auch wenn so einige davon ausgegangen waren. Dann muss eben eine jüngere Band die Komposition des Soundtracks einer dystopischen Zukunft schreiben. Lennart Wichmann


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