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Armin Strohmeyr

Armin Strohmeyr

Ferdinandea. Die Insel der verlorenen Träume. Konstanz: Südverlag 2021. 376 S., 24 €

Armin Strohmeyr.

Der 15.7.1831 war ein ganz normaler Tag auf Sizilien, bis die braven Bürger Sciaccas draußen vor der Küste das Unvorstellbare beobachten. »Das Wasser schien zu brodeln. Hin und wieder schoss eine Fontäne empor und ging zischend nieder, während die Rauchsäule immer dicker wurde (…). Tote Fische trieben zu Tausenden umher, die Mäuler aufgerissen, die Augen stier ins Nichts gerichtet.« Was sich da aus dem Meer erhebt, sei mitnichten das Jüngste Gericht, wie Pfarrer Don Sebastiano meint, sondern eine vulkanische Insel. Viel her macht sie nicht, »Geröll« und »Schutt« und der Gestank nach Schwefel sind noch die hervorstechendsten Eigenschaften des neuen Eilands. Nichtsdestotrotz entspinnt sich an dieser Insel ein verworrenes Theater mit allerlei Figuren voller teils banaler, teils politischer Interessen: Wirtin Rosalia und ihr adonishafter Bruder Angelo, Rosalias Mann Michele, deren Sohn Francesco (Achtung: ein Kuckuckskind vom Postmeister Alessandro), ein Maler aus Deutschland, ein maltesischer Kapitän, Charles Earl of Grey samt Tochter, diverse Könige, ein Polizeichef, ein Geologe und zahlreiche weitere. Sir Walter Scott geistert derweil als Person wie auch als Begründer des historischen Romans als Strohmeyrs Patron durch die Seiten. Und auch wenn der Autor sie fabelhaft auszuschmücken weiß, ragt hinter all den Figuren stumm und drohend die Mittelmeerinsel Ferdinandea als Star des Buches auf. Strohmeyrs Sprache changiert zwischen Theater und Slapstick, ohne die Glaubwürdigkeit seiner in weiten Teilen historisch verbürgten Geschichte allzu sehr zu strapazieren. Ein barockes Erzählen mit Lust an der überquellenden Sprache und bissigem Humor — ein kluger, gewitzter Roman, ein großes Lesevergnügen. Linn Penelope Micklitz


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