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Blueberry Garden

Blueberry Garden

Weißbunte Träumerei von Erik aus Uppsala

Als der Vogelmann mit Hut und Schnabel zum ersten Mal abhebt und über diese weißbunte Traumlandschaft aus Strichen, fluffigen Wolken und allerlei knuffigen Wesen fliegt, da erklingt eine wunderschöne Melodie, gespielt auf einem Klavier, und mir kommt ein einfacher Satz über die Lippen: »Ohh, ich kann fliegen!«, jauchze ich, überrascht von der unerwarteten Steigerung in der Anmutungsqualität des Objektes Computerspiel.Wer jetzt grinsen muss, wer Drogenmissbrauch und extreme Gefühlsverweichlichung (oder beides) in der kreuzer-Spielredaktion vermutet, dem sei Einhalt geboten und gesagt: Wir spielen auch Ballerspiele mit Genuss, aber dieses verträumte Indiespiel namens »Blueberry Garden« ist total schön, voll süß und außerdem ziemlich verpoppt.Dass man ab sofort auch als Computernerd ein cooler Indie-Boy mit schmachtender und sogar weiblicher Fanbasis werden kann, beweist dieser Tage ein 22-jähriger Student aus Uppsala in Schweden. Erik Svedäng heißt der junge Mann. Er hat strubbeliges Haar und zeigt auf seiner Website zum Beispiel Fotos einer von ihm gekochten »Potatisochpurjolökssoppa«, was wohleine Kartoffelsuppe oder so was Ähnliches ist. Der Erik aus Schweden ist ein ganz gewöhnlicher Blogger, der ein wenig an hübschen Flash-Spielereien umherfrickelt, könnte man denken. Aber weit gefehlt, denn Erik Svedäng hat mit seinem Spiel »Blueberry Garden« gerade den mit 30.000 Dollar dotierten »Seumas McNally Grand Prize« beim Independent Games Festival 2009 gewonnen. Das Independent Games Festival (IGF) ist aus der Idee entstanden, so etwas wie das Sundance Film Festival für unabhängige Spiel- entwickler zu etablieren. Seit 1997 werden hier die besten Spiele von Studenten oder anderen unabhängigen Spielemachern prämiert. Der IGF-Hauptpreis ist benannt nach Seumas McNally, dem ersten IGF-Preisträger, der kurz nach der Verleihung starb. Im letzten Jahr gewann »World of Goo« - unser Spiel des Monats Februar. »Blueberry Garden« ist leider noch nicht veröffentli- cht. Nur ein Trailer ist auf Svedängs Website eriksvedang.wordpress.com bisher zu sehen. Das kleine Filmchen allein ist schon einen Blick wert. Das Spiel ist aber fertiggestellt, was eine inoffizielle Vorab-Version beweist, die Herr Svedäng der kreuzer-Spielredaktion freundlicherweise schickte. Jetzt müssen noch Feinheitenüberarbeitet und eine Vertriebsform gefunden werden, sagt Svedäng. Der Seumas-McNally-Preis sollte für eine schnelle Veröffentlichung dieses Kleinods sorgen. Auch »World of Goo« war zur Zeit der Preisverleihung im letzten Jahr noch nicht fertig. Erst Anfang 2009 kam das Spiel mit den Glibberbällen auf den Markt und heimste allerorten glänzende Kritiken ein.Das Besondere an »Blueberry Garden« und anderen Gewinnern in diesem Jahr ist aber die poetisch-verträumte, die künstlerische Note. Sehr empfehlenswert ist auch ein Blick auf das von den Machern »begehbares Bild« genannte Kunst-Spiel »The Graveyard« von Auriea Harvey und Michaël Samyn. In diesem bittersüßen, ganz in Schwarz-Weiß gehaltenen Spiel bewegt man eine alte Dame, die einen Friedhof besucht. Sie wandert dort herum, setzt sich auf eine Bank und lauscht einem Lied. Die meisten Spiele des Festivals können auf der Website igf.com heruntergeladen und ausprobiert werden. Andreas Raabe


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