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Brannten Schnüre

Brannten Schnüre

Erinnerungen an Gesichter

Erinnerungen an Gesichter

Manche Überraschungen erleben wir doch nur zu gern, aktuell durch Brannten Schnüre, die musikalische Zusammenarbeit von Christian Schoppik und Katie Rich. Die Gruppe veröffentlicht einen Großteil ihrer Diskografie erneut. Die zwischen 2015 und 2021 auf verschiedenen Labels erschienenen Alben verharren bis dahin noch in ihren Nischen, wo sie nicht so schnell gefunden werden wollen. Deren hartnäckige Vergriffenheit soll nun kuriert werden. »Erinnerungen an Gesichter«, als Selbstveröffentlichung über Quirlschlängle, das hauseigene Leipziger Label von Brannten Schnüre, spielt bei diesem erneuten Versuch, sich zu erinnern, wohl die wichtigste Rolle. Ihr Handwerk: Unschuldige Verse lugen hier mal hervor hinter Oberflächen aus Ambient und sitzen da mal einem Fundament aus Neo- und Dark-Folk auf, wobei die Grenze zwischen synthetischen und akustischen Klängen nicht mehr gebraucht wird. Brannten Schnüre vollziehen eine eigene Schwerfälligkeit, dieses Behäbige ist nichts für die Eiligen. Mögliches Pathos der Texte wird durch Stimme und Attitüde der Lesenden verwischt: Gebetsartig führen sie durch ohnehin Chorales, Sakrales der Instrumentale. Sich überschlagend erzählen sie innerhalb der mitunter feierlich-getragenen Tonkunst. Im Kontrast zum Hintergrund versucht das Gesprochene nicht noch obendrein zu beeindrucken. Immer wieder stellt sich die Frage, wer hier eigentlich wen begleitet. Geborgenheiten, naive Hoffnungen und Kindlichkeiten gehen Hand in Hand mit wilder Schwermut. Der im Neofolk fast schon obligatorische Hang zu kontroverser Symbolik wird gekonnt ignoriert. Einziger Malus: Live wird man die zwei wohl so schnell nicht mehr erleben dürfen. Sie sollten ohnehin als warmes Andenken nur zu gut taugen. Elias Schulz


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