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Christina Clemm

Christina Clemm

Gegen Frauenhass. München: Hanser Berlin 2023. 256 S., 22 €

Christina Clemm.

Nehmen Sie Ihre Haarbürsten in die Hand, liebe Lesende, Sie haben eine neue Frisur nötig. Mein Vorschlag: Schütteln Sie den Kopf, toupieren Sie – ja, bürsten Sie die verdammte Wolle auf Krawall! Und dann? Ja, dann können Sie sich meinetwegen fragen, warum Ihre Haare aufrecht stehen. Brauchen Sie einen guten Grund dafür? Besorgen Sie sich »Gegen Frauenhass« von Christina Clemm. Die Autorin ist Rechtsanwältin und schreibt über Femizide, sexuelle Gewalt und Misogynie. Sie kann mit Fakten und komplexen Einblicken aufwarten, hat Hunderte Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt vor Gericht vertreten. So schreibt sie, dass es mehr Femizide gibt, als die Behörden und auch sonst die meisten Menschen wahrhaben wollen, dass Misshandlungen in allen Bevölkerungsschichten und -gruppen geschehen – dass auch deutsche Hochschullehrer und Ärzte ihre Frauen erniedrigen und erwürgen. Sicher: alles Einzelfälle. Als solche werden die Delikte im Gerichtssaal auch wahrgenommen. In der Konsequenz bleibt die strukturelle Dimension von Frauenhass aber weitgehend unsichtbar. Von den größtenteils männlichen Richtern werden Ermessensspielräume im Sinne patriarchaler Denkmuster interpretiert. So wird bisweilen angenommen, dass verlassene Ehemänner ihre Frauen nicht aus sogenannten »niedrigen Beweggründen« grauenvoll hinrichten, sondern vielmehr – aus Liebe. Die Tatsache, dass Richter so etwas nachvollziehbar finden, führt jedenfalls dazu, dass Täter mit eher geringen Strafen davonkommen. Und es gäbe viel mehr dazu zu sagen, aber mir stehen hier nicht mehr Zeichen zur Verfügung. Glücklicherweise ist Christina Clemms Buch sowieso viel seriöser als diese Rezension. Bitte lesen! Juliane Zöllner


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