Colter Wall
Little Songs
Little Songs
Colter Wall ist 28 Jahre alt und hat die Stimme einer Kneipenlegende jenseits der 50. Der Kanadier ist ein Shooting-Star des zeitgenössischen Country. Mit »Little Songs« legt er sein viertes Studioalbum vor, das sich wie eine Demonstration seiner Fähigkeiten als ernstzunehmender Geschichtenerzähler anhört. Das Cover mutet wie ein Westernfilm an: Wall sitzt auf einem Pferd und blickt gedankenverloren in die Prärie. So hört sich der erste Teil des zehn Song starken Albums auch an. Gleich im ersten Lied, »Prairie Evening/Sagebrush Waltz«, dröhnt seine Baritonstimme über die genretypische Steelguitar. Da wird auf Merle Haggard hingewiesen, der aus der Jukebox dröhnt, und man kann sich den Tanz im staubigen Truckstop irgendwo in Alberta gut vorstellen. Wall macht klar, wer die Vorbilder sind. In »Standing Here« tuckert eine Bassline vor sich hin, die auch aus einem Song Johnny Cashs stammen könnte. Auf seinen vorherigen Alben coverte der Kanadier auch mal einen Townes Van Zandt oder Marty Robbins. Respektbekundungen und Hommagen sind berechtigt, doch fehlt dem Ganzen auf dem Album die Innovation. Beim Soundbild versucht man, genauso zu klingen wie damals. »Corraling The Blues« ist eine tolle Ballade, danach folgt mit »The Coyote & The Cowboy« ein eher schwächerer Song, der an ein Kinderlied erinnert. Wall ist ein guter Musiker und kann Country zwar versatil spielen, doch fehlt es dem Album an Tiefe. Oder wie Zack Fox, seines Zeichens Comedian und Teilzeit-Musikkritiker aus Atlanta, eine überschaubare musikalische Leistung einmal resümierte: »This ain’t it.« Jan Müller