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Despelote

Despelote

Entwickler: Julián Cordero, Sebastian Valbuena, Publisher: Panic, Plattform: PC, PS4+, Xbox One+, Preis: 14 €

Es muss 1990 gewesen sein, als der Autor dieser Zeilen mit Kugelschreiber ein Krönchen in sein Gratis-Werbe-Herrenfußball-Weltmeisterschafts-Heftchen gemalt hat. Deutschland war Fußballkönig. Der kleine Röhrenfernseher, die Altbauwohnung mit den knarrenden Holzdielen, das dämliche weiße Hochglanzpapier des Ergebnisheftchens, auf dem kein Stift so richtig schreiben wollte – das hat sich tief ins Gehirn eingegraben. Wer vergleichbare Kindheitserinnerungen hat, versteht »Despelote« sofort. Das Spiel zeigt die Egoperspektive eines Schulkindes in Ecuador, 2001. Das Land wird von wirtschaftlichen Krisen erschüttert, die das Kind nicht interessieren. Denn vor allem qualifiziert sich Ecuador gerade das erste Mal in seiner Geschichte für die Fußball- WM der Männer. Besonderes Potenzial steckt in Spielen, die etwas anderes als Schusswechsel aus der Egoperspektive zeigen. Wer je versucht hat, ein Grundschulkind mit Tunnelblick zu verstehen, kann es hier tun. Subtil verdeutlicht »Despelote«, dass dem Kind bestimmte Dinge gar nicht anders einfallen. Es kann herumlaufen, den Ball treten und grüßen. Andere Verben gibt’s nicht. Ständig reden Erwachsene auf das Kind ein, aber die Sprechblasen verpuffen am Bildrand. Niemand erwartet eine Antwort. Das autobiografische Spiel haben zwei Entwickler geschaffen: Julián Cordero verarbeitet darin seine eigenen Kindheitserlebnisse. Die verwaschenen, eingefärbten und bekritzelten Fotowelten, in denen »Despelote« spielt, erwachen als eine Art nachfühlbare Erinnerung zum Leben. Wie es war, als Kind in Quito den Eltern nicht zuzuhören und lieber zu kicken, das fängt dieses Spiel auf entwaffnend direkte Art ein. Das Spielgefühl ist schwebend, wie in einer Traumsequenz, die sich merkwürdig echt anfühlt, als hätte man das Ganze vielleicht doch selbst erlebt; so war das, als wir acht Jahre alt waren und dem Meckeropa die leeren Flaschen von der Mauer geballert haben. (...) Jan Bojaryn


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