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Edna bricht aus

Edna bricht aus

Psycho!

»Edna, Edna, Edna! Du glaubst ja nicht, was in der Zeitung steht«, ruft Harvey, der blaue Stoffhase, und zupft an Ednas Nachthemd. »Man darf endlich isel auf oggen reimen?«, fragt Edna zurück. Harvey (überrascht): »Ähm, ja.« Edna (glücklich): »Jippi! Dann kann ich endlich mein Gedicht über Liesel und ihre Doggen beenden.«Bei solchen Dialogen lehnt man sich erst mal zurück, sinniert ein wenig und denkt dann: Hä? Es ist bekloppt, aber so funktioniert »Edna bricht aus«, das Point&Click-Adventure von Xider Games und Daedalic. Die junge Edna jedenfalls hat keine Ahnung, warum sie in der Gummizelle einer Irrenanstalt sitzt. Auch ihr sprechender Frotteehase Harvey kann hier nicht weiterhelfen. Da gibts nur eins: Ausbruch! Also gehts los - raus aus der Gummizelle, die Schrauben des Ventilators mit abgekauten Fußnägeln gelöst - und quer durch eine Irrenanstalt, vollgestopft mit den skurrilsten Charakteren, die ein Computerspiel seit langem gesehen hat.Einer davon sorgt schon seit Wochen für Insidergags überall im Internet: Droggelbecher, Philosoph und Herzensbrecher. Droggi, wie Edna ihn liebevoll nennt, bekommt bestimmt bald sein eigenes Spiel. Aber warum kann Edna sich an nichts erinnern? Warum wurde sie weggesperrt? Und warum glotzt sie so irre?Der Hamburger Spielekreateur Jan Müller-Michaelis hat sein erstes großes Spiel fast im Alleingang geschrieben, programmiert und vor allem »komplett mit eigenen Händen« (Zitat PR) gezeichnet. Entstanden ist eine Ultra-Low-End-Comicgrafik, die nur doofe Spielezeitschriften mit Punktabzug belegen, denn ohne diesen Buntstift-Stil wäre Edna nicht Edna.Die Sprecher Alianne Diehl (Edna) und Alexander Grimm (Harvey) sorgen für eine ebenso lustige wie einfühlsame Vertonung der Hauptcharaktere. Sechs Wochen lang haben sie sich im Studio den Mund fusselig gesabbelt, für über 20 Stunden Sprachausgabe. Die Musik - besonders schön in den Rückblenden - tut ihren Rest.Trotz aller Verrücktheiten findet das »ohne Altersbeschränkung« freigegebene Spiel ein dunkles, ein böses Ende und ist für Grundschulkinder nicht geeignet. Die USK hat das Spiel wahrscheinlich nicht durchgespielt. Edna zeigt - noch viel deutlicher als der Frühlings-Hit »So Blonde« », was ein gutes Adventure ausmacht.Es ist der Spaß am Rätseln. Der Spaß daran, alles mit allem zu kombinieren, selbst dann, wenn man die richtige Lösung schon längst weiß. In »Edna bricht aus« gibt es nämlich zu jeder(!) möglichen Kombination einen eigenen Kommentar. Der Weg ist das Ziel, oder um es mit Edna zu sagen: »Boah, Harvey! Diese Waschmaschine, mit der ich mich da gerade unterhalten habe, ist voll psycho!«Und noch etwas Wichtiges strömt dem Spiel aus jeder Pixel-Pore: Die Hingabe der Macher, allen voran Jan Müller-Michaelis. Es gibt viele gute Spiele, aber dieses hier ist besonders, es ist Handarbeit, keine industrielle Massenproduktion. Das macht es so wertvoll. Hinter wirklich jedem Klick, jedem Dialog wartet ein Gag, ein Gedanke, die individuelle Äußerung eines Menschen, eines Künstlers. Selbst wenn diese Äußerung oft aus Beklopptheit besteht, so hat sie doch eins: Seele. Also Leute, kaut euch die Fußnägel ab und los gehts! ANDREAS RAABE


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