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Expeditions: Viking

Expeditions: Viking

Wikinger machen England unsicher

Plattform: PC, Preis: 30 €

Vor fast genau vier Jahren veröffentlichte der dänische Indie-Entwickler Logic Artists »Expeditions: Conquistador«. Angesiedelt vor einem historischen Setting zur Zeit der Conquistadores, kurz nach der Entdeckung Amerikas, führt der Spieler eine spanische Expedition durch die Neue Welt. Ähnlich wie in der »Heroes of Might & Magic«-Reihe erkundete er eine 3-D-Karte, verwaltete seine Reisegesellschaft, die er gleich zu Spielbeginn zusammenstellt, und trifft in ausgiebigen Textpassagen weitreichende Entscheidungen. Abgerundet wurde der Genre-Mix durch taktische, rundenbasierte Kämpfe. Das Sequel hätte ein Heimspiel für die Dänen werden können. Wikinger stehen gerade hoch im Kurs – wo vor ein paar Jahren noch in gefühlt jedem zweiten Spiel Zombies vorkommen mussten, scheint es heute in ungefähr jeder dritten Neuerscheinung um die wehrhaften Nordmänner zu gehen. Doch »Expeditions: Viking« ist ein anderes Spiel geworden, nicht schlechter als »Conquistador«, aber auch nicht mehr so außergewöhnlich. Ein ziemlich typisches klassisches Rollenspiel. Der Expeditionsgedanke spielt darin immer noch eine Rolle. Mit seinem Wikinger – einem jungen Clan-Oberhaupt – und einer zehnköpfigen Mannschaft bricht der Spieler gleich nach dem Prolog gen Westen nach England auf, um zu plündern, zu handeln oder neue Allianzen zu schmieden. Die meiste Zeit steuert man den Spielercharakter und fünf Begleiter aus der isometrischen Perspektive durch eine instanziierte Welt. Die Anreise zu den einzelnen Arealen erfolgt auf einer 2-D-Landkarte. Wie im Rollenspielgenre üblich, führt man Dialoge, sammelt Ausrüstung, Erfahrungspunkte und bekämpft Gegner in rundenbasierten Gefechten, in denen die Fähigkeiten der Gruppe auf die Probe gestellt werden – fast wie in »Xcom«, nur ohne Laserwaffen und Aliens. Aber auch Untote und Riesen gibt es nicht: »Expeditions: Viking« ist ein historisches Rollenspiel, das ganz ohne Fantasy auskommt. Wenn etwa Religion thematisiert wird, geht es nicht um den drohenden Weltuntergang Ragnarök, sondern um den ganz realen Konflikt zwischen Christentum und den heidnischen Religionen, die im 8. Jahrhundert noch recht aktiv waren. Auch die Politik der Zeit spielt eine Rolle, der Spieler wird in den sich anbahnenden Krieg zwischen Pikten und dem Königreich Northumbrien verstrickt und muss sich auch in seinem Clan als Führungspersönlichkeit behaupten. Wie schon im Vorgänger haben die Autoren von Logic Artists ganze Arbeit geleistet, das Spiel ist durchweg gut geschrieben, mit interessanten Situationen und Charakteren. Allerdings spielen die Texte nicht mehr die wichtige Rolle wie noch in »Conquistador«. Es gibt viel zu lesen, wer klassische Rollenspiele kennt, weiß das – aber die Textpassagen machen nicht mehr ein gutes Drittel der Spielzeit aus. Eingefleischte Rollenspieler, die »Tyranny« und »Torment« durch haben, machen mit »Viking« nichts falsch. Aber auch der Vorgänger »Conquistador« ist immer noch empfehlenswert, zumal die außergewöhnlichen Spielmechaniken – etwa das ausgefeilte Camping-System und das Expeditionsmanagement – in dem vier Jahre alten, zugegebenermaßen nicht ganz so hübschen Spiel besser zur Geltung kommen. Alexander Praxl


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