Indika
Entwickler: Odd Meter, Publisher: 11 Bit, Plattform: PC, PS5, Xbox Series, Preis: 25 €
»Nach dieser Mitteilung«, erklärte Dmitry Svetlow, sei es wohl »besser, nicht zurückzukommen«. Svetlow, ein russischer Spieleentwickler, hatte den Angriffskrieg seines Heimatlandes auf die Ukraine als »wahnsinniges Verbrechen« verurteilt. Und ist dann mit seinem kleinen Spielestudio
Odd Meter weggezogen. Jetzt sitzen sie in Almaty, in Kasachstan. Das neue Spiel von Odd Meter hat eigentlich nichts mit der politischen Katastrophe zu tun und war bereits länger in der
Entwicklung. Eigentlich ist es kein Kommentar zum gegenwärtigen Russland oder der Verzahnung von Kirche und Propaganda. Doch es ragt wie eine Provokation, wie ein wunderschöner, unübersehbarer Mittelfinger aus der Spielelandschaft heraus.
Und jetzt ist es fertig. »Indika« ist ein etwa vierstündiger Trip, ein surrealer, bitterer und stellenweise brillanter Abgesang auf die russisch-orthodoxe Kirche im Besonderen und auf autoritäres Denken im Allgemeinen. Das eigentlich Unverschämte an »Indika« ist die Perspektive. Es kümmert sich um keinen objektiven Realismus und spielt konsequent im Kopf einer jungen
Nonne in einem verfremdeten Russland des 19. Jahrhunderts. Die junge Indika bemüht sich um ein frommes, gottgefälliges Leben, doch die Umstände sind nicht auf ihrer Seite. Nichts an dieser Welt ist einfach. Im Kloster erlebt sie keine christliche Nächstenliebe, sondern trostloses Schuften in Schlamm und Schnee. Die Schikane durch die älteren Schwestern ist sogar
interaktiv. Zuerst müssen wir mit Indika fünfmal hintereinander zum Brunnen stapfen, um ein Wasserfass aufzufüllen, spüren die Langeweile auch ganz persönlich, und dann wird das Wasserfass umgestoßen. Es gibt Spiele, die Spaß machen wollen. Dieses hier hat etwas anderes vor.
Indika reagiert angemessen auf die Lage: Sie entwickelt Wahnvorstellungen und halluziniert. Für ihr abweichendes Verhalten wird sie dann neu bestraft. Da ist es kein Wunder, dass der Teufel bereits im Schatten wartet und die Geschichte erzählt. (...) Jan Bojaryn