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Florian Bissig

Florian Bissig

Samuel Taylor Coleridge. Eine Biografie. Zürich: Dörlemann 2022. 272 S., 22 €

Florian Bissig: Samuel Taylor Coleridge.

Der Redner und politische Essayist Samuel Taylor Coleridge sei zu seiner Zeit erfolgreicher und beliebter gewesen als der Dichter. Überliefert sind dennoch die geschriebenen Gedichte, die Reden sind verstummt, die Essays veraltet. So wartet der Schweizer Übersetzer Florian Bissig auch mit der ersten Sammlung von 20 Gedichten Coleridges auf. Im zweisprachigen Band »In Xanadu« finden sich nicht nur die berühmten Poeme »Kubla Khan« und »Die Ballade vom alten Seemann«, sondern auch Coleridges eigentümliche Konversationsgedichte wie etwa »Frost um Mitternacht« oder seine kunstvollen Selbstdenunziationen als minderwertiger Dichter wie zum Beispiel »Schwermut: Eine Ode«. Versehen ist die Auswahl außer mit einem kontextualisierenden Vorwort überdies mit erhellenden Kommentaren zur Publikationsgeschichte der übersetzten Texte. Dass Coleridge getreu den romantischen Präferenzen gerne Dichter gewesen wäre, sich selbst aber – vor allem in seinen späteren Jahren – immer wieder als uninspiriert und untalentiert wahrgenommen hat, lenkt den Blick wieder auf den politischen und philosophischen Schriftsteller. Mit der ersten deutschsprachigen Biografie, die zusammen mit den Gedichtübersetzungen im Dörlemann Verlag erschienen ist, weckt Bissig eine Ahnung vom Leben des englischen Romantikers. Bissig liefert eines der besseren Beispiele dessen, was manche als »Schlafzimmerphilologie« abtun, gerade weil er nicht nur eine Coleridge-, sondern auch eine gut informierte Werkbiografie schreibt. Coleridge erscheint darin als politisch umtriebige und philosophisch ambitionierte Person, die immer wieder an der Welt und sich selbst scheitert. Dass der opiumkranke Coleridge auch Gedichte geschrieben hat und heute eben für diese bekannt ist, erscheint angesichts dessen beinahe nebensächlich. Aber um Gedichte – oder Texte ganz allgemein – ging es im Leben doch noch nie: Es geht jederzeit um Menschen. Und das ist der einzige Wermutstropfen des Bands (...) Fabian Schwitter


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