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Hades

Hades

Fick dich, Tod

Plattform: PC, Switch, Preis: 21 €

An dieser Stelle wurden in früheren Ausgaben womöglich schon einmal Dinge gesagt, die im Kontext einer Videospielrezension prätentiös wirken könnten. Hier nun die Wahrheit: Sterben ist schlecht. Deswegen ist ein Spiel über den Ausbruch aus dem Totenreich eine gute Idee. »Hades« ist nicht nur eine gute Idee, es hat auch sehr viele. Der Plot ist verlockend. Zagreus, Sohn des Hades, hat vom Dasein im Totenreich die Schnauze voll. Er will abhauen. Also haut, sticht und schießt er sich den Weg durch die unzähligen Kammern des Totenreichs. Wenn er scheitert, wenn er stirbt, dann steigt er in der väterlichen Residenz wieder aus dem opulent gezimmerten Blutbad. Nach dem Tod wirklich zu scheitern und noch einmal ganz vom Anfang zu starten, das ist bei Spielen seit Jahren ein Trend. Dass der Mechanismus so gut und witzig in eine Geschichte eingebaut wird, ist allerdings die Ausnahme. Zagreus’ Ausbruchsversuche werden stets neu und passend kommentiert; die zahllosen Gottheiten bieten immer wieder neuen und passenden Rat oder Spott. Die One-Liner türmen sich, bis ein dickes Buch draus wird. Die Gottheiten sind witzig und sexy; überhaupt ist das Totenreich selten so stilvoll inszeniert worden. In Porträts sehen sie aus wie einem Comic gestiegen, in dem gerade eine routiniert gute Party gefeiert wird. An der möglichen Dramatik der Lage sind sie eher desinteressiert, sie sind ja Götter. Fast alle grinsen verschmitzt. Nur Papa schaut wie hundert Jahre Stubenarrest. Die Spielwelt von schräg oben betrachtet leuchtet einladend und bedrohlich. Trotzdem ist sie auch dann noch einigermaßen gut lesbar, wenn ein Mix aus flammenden Totenköpfen, Laserdiamanten, Fettleibigen und Felsbrocken aus allen Richtungen attackiert. Die Kämpfe sind gleichzeitig variantenreich, mit einer Auswahl wirklich verschiedener Waffen. Und dann doch präzise, so dass sich jede Strategie, jede Ausrüstung irgendwann anfühlt wie die beste. Der Tod kommt anfangs schnell, aber er ist immer Ausdruck eines vermeidbaren Versagens auf Spielerseite. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich leicht herauf- und herunterregeln, aber im Kern ist »Hades« ein Spiel über das langsame Wachstum. Wie automatisch merkt Zagreus sich irgendwann die Muster der Welt und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Das Abenteuer ist nicht an ein paar Abenden durchzuspielen. Wir müssen werden wie Zagreus, immer wieder aus einem Swimmingpool voller Blut steigen und mit neuem Tatendrang in die Welt schauen. Ob wir den Tod irgendwann besiegen, ist dann nur noch eine Frage der Ausdauer. Jan Bojaryn


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