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Hélène Jousse: Die Hände des Louis Braille

Hélène Jousse: Die Hände des Louis Braille

Hélène Jousse: Die Hände des Louis Braille. 304 S.

In ihrem Roman »Die Hände des Louis Braille« verwebt die französische Autorin Hélène Jousse das Leben des Louis Braille – die unglücklichen Verkettungen, die zu seinem Erblinden geführt haben, seinen unermüdlichen Wissensdurst und das damit verbundene Verlangen nach einer Form der Vermittlung von Sprache – mit dem Wirken der erfolgreichen Drehbuchautorin Constanze. Diese will Brailles Leben in einem Drehbuch festhalten, dessen Szenen sich in Jousses’ Roman abwechseln mit Eintragungen, die sie in ihrem Notizbuch vornimmt. Ausgehend von der Dorfschule und mit Unterstützung ihm nahestehender Personen gelangt Braille bis nach Paris in das Institut für junge Blinde, das ihn schließlich zur Erfindung der Blindenschrift führt. Brailles Eltern und Förderer ebenso wie Personen, die Constanze selbst umgeben, bevölkern den Roman. Allen voran Thomas – enger Freund und Auftraggeber des Drehbuchs – und Aurélien, ein junger Doktorand, der Constanze für die Recherche zur Seite gestellt wird. Der Wechsel zwischen Drehbuchszenen und Notizbucheinträgen erlaubt der Autorin, die biografischen Fakten darzustellen und die fiktionalen Anreicherungen zu markieren. In ihren Eintragungen beschreibt Constanze Eindrücke, Wahrnehmungen und Begegnungen aus ihrer Perspektive, im späteren Verlauf wird außerdem ein Briefwechsel eingebunden: Anfangs kreisen ihre Gedanken vor allem um das Drehbuch und Braille, in der Retrospektive erfährt man mehr über ihre Lebensumstände. Mit dem Wissen, dass Autorin Jousse ausgebildete Bildhauerin ist, erschließen sich einige Schilderungen noch einmal neu. So wie die Szene, in welcher der junge Braille eine Strafe im Karzer des Instituts absitzt, vom Hausmeister zur Verkürzung der Zeit Ton zugesteckt bekommt und daraus die Gesichter geliebter Personen modelliert. Jousse gelingt die eindrucksvolle Darstellung einer Person, deren Namen viele kennen, über deren Leben aber die wenigsten etwas wissen. Maria Grzeschniok


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