Hotel Rimini
Allein unter Möbeln
Allein unter Möbeln
Eine Zeile funnyvandannenesken Ausmaßes hat Julius Forster da im Song »Schwedische Gardinen« geschaffen, will sagen: eine aus dem Alltag nicht mehr wegzukriegende. Praktisch überall, wo man ist, und egal, wohin man sieht: »Kompromisse, Kompromisse, Kompromisse«. Und überhaupt, was für ein erstaunliches Debütalbum die Leipziger Band Hotel Rimini da eingespielt hat! Geige, Cello und Kontrabass streichen durch diesen so zeit- wie kompromisslosen Kammer-Pop, der dennoch den Zeitgeist nicht aus den Augen verliert. Da reden junge Menschen über Serien und aneinander vorbei, da hängen die Peugeot-Räder nicht nur an der Wand, sondern werden bei zwei Tassen Espresso gleich noch durch den Kakao gezogen, dass es eine Freude ist. Gut, es könnte manchmal ein bisschen weniger getragen zugehen, aber der Wille zur Kunst ist ja nun nicht das Schlechteste
(in Instrumentalstücken, aber auch textlich, wie »Gespenster«). Zumal es der Platte nicht an Groove mangelt. Und »Arbeit und Struktur« ist eins der besten Gute-Laune-Lieder der letzten, sagen wir
mal, sechshundert Jahre: Selbst wenn es einem an Arbeit und Struktur wahrlich nicht mangelt im Leben (ich frage für einen Freund), kann man sich nicht wehren, im Refrain inbrünstig »Gib mir Aaarbeit! Gib mir Arbeit und Struktur!« mitzusingen. Vom Video ganz zu schweigen, das vom Ringcafé-Springbrunnen bis zum Luru-Kino zig hübsche kleine Leipziger Orte versammelt, durch die man von nun an mit dem Gedanken, durch ein Musikvideo zu stolpern, geht. Wenn das mal alles nicht mindestens ins Vorprogramm von Element of Crime führt. Benjamin Heine