Jonatan Leandoer96
Sugar World
Sugar World
Jonatan Leandoer, der den meisten als Yung Lean bekannt sein dürfte, hat ein neues
Album. Der Schwede, der als einer der Erfinder des Cloud-Rap gilt, wagt mal wieder Neues. Sein Alternative-Rock-Projekt, dessen Name die ID seines My-Space-Profils sein könnte, steht auf den ersten Blick in starkem Kontrast zu seinen Autotune-lastigen und verspulten Veröffentlichungen als Yung Lean. Dass Leandoer aber auch Balladen kann, sollte spätestens seit Songs wie »Agony« auf »Stranger« (2017) klar sein. Auf »Sugar World« bedient er sich der Achtziger-Jahre-Ästhetik von Schlagermusik und Soundtracks von Kitschfilmen. Das Album kann als zeitgenössisch-weirder Kuschelrock verstanden werden, bei dem sich Referenzen der Hiphop-Kultur finden, wenn Songs »Open (Copenhagen Freestyle)« heißen oder Pillen in rauen Mengen konsumiert werden. Inhaltlich
erinnert das Album an eine Soap-Opera im Rausch, die aber auch verträumt-traurige
Qualitäten hat: »Walk inside a lonely heart / There’s nobody left around / And the
champagne bottles hit the ground«. Auch wenn der Schwede nicht alle Töne trifft (oder vielleicht deswegen), hat die Platte einen Charme, der an die Solo-Alben eines Pete Doherty erinnert. Das liegt auch an der Produktion des Dänen Frederik Valentin, der das passende 80s-Soundbild kreiert. Es fühlt sich an wie das europäische Pendant zu einem US-High-School-Film: mit Höhen und Tiefen, bis man nach Ende der Prom-Night allein auf dem Dancefloor schunkelt. Gibt es noch ein Happy-End in der »Sugar World«? Gut möglich. Jan Müller