Julius Fischer
Ich hasse Menschen. Eine Art Liebesgeschichte. Berlin, Dresden: Voland & Quist 2021. 268 S., 15 €
Julius Fischer.
Fischer beschreibt in seinem autobiografisch gefärbten Roman seinen Umzug an den »Arsch der
Heide«. Er hat nach seiner Scheidung keinen Plan, doch dann erbt er von seinem Uropa ein heruntergekommenes Umgebindehaus in Sucknitz, er macht nicht mehr »nüscht«, sondern einen Neuanfang als Gastwirt, was mit gewaltigen Problemen verbunden ist – die feindliche Stimmung im Dorf ist nur eines davon. Alle Vorurteile über die Menschen dort werden bestätigt, bis langsam unter dem Klischee doch sehr liebenswerte Individuen auftauchen. Die Geschichte lebt vom Sprachwitz, von Wortspielen, der Intertextualität und der Vielschichtigkeit der Erzählung. Hier spricht der Kabarettist und Liedermacher und er mildert so die düstere Kritik an der Provinz. Der Protagonist blickt mit einem gehörigen Schuss Selbstmitleid und einer Mischung aus Verzweiflung und hintergründigem Humor auf sein Leben. Er ist voll von Vorurteilen des Städters gegenüber der Landbevölkerung. Verschlossenheit, Ignoranz, rechtsradikale Neigungen, der »strukturelle Rassismus« der Provinzler: All das stürzt auf ihn ein – und so sitzt er allein im verfallenden Gasthof und tut sich leid. Doch er hat auch treue Freunde, lernt einige Dörfler besser kennen und es zeigen sich positive Seiten: Es gibt ein großes Dorffest – Asterix lässt grüßen –, am Schluss sind alle versöhnt, serviert wird zwar kein Wildschwein am Spieß, aber doch Würstchen und Schweinebraten. Die Nazis sind abgehauen. Der gruselige Titel sollte niemanden abschrecken, der Roman ist eine Art Liebesgeschichte: »Ich liebe Menschen« – nicht alle, aber es gibt genug liebenswerte, auch in
Ostsachsen. Und so wird das Buch doch noch eine Liebeserklärung an die Provinz. Joachim Schwend