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Kind Words

Kind Words

Nette Worte

Plattform: PC, Preis: 4 €

Liebes »Kind Words«. Ich schreibe dir diesen Brief, weil ich weiß, dass du das geschriebene Wort absolut befürwortest. Du magst es nicht nur, für dich ist der virtuell-anonyme Austausch zwischen zwei realen Menschen essenziell. Du tarnst dich als Spiel, bist aber eher eine Plattform für geplagte Gemüter. Sie suchen Trost, Hilfe oder einfach nur Aufmerksamkeit. Während aus dem Lautsprecher warme Beats pluckern, empfängt mich dein Startbildschirm: »It’s ok to not be ok«. Du nimmst diese Angelegenheit ernst, verlinkst Institutionen für seelischen Beistand, die zum Beispiel »Gamers who love mental health« heißen. Du weist darauf hin, dass man in seinen Briefen an unbekannte Menschen keine persönlichen Informationen weitergeben soll. Aber man kann anderen nicht nur von den eigenen Sorgen berichten und dann eine einmalige Antwort erhalten, sondern eben auch auf fremde Kummerbriefe  antworten. Es ist gut, dass du eine Zeilenbegrenzung eingeführt hast, so muss man in beiden Varianten auf den Punkt kommen. Du appellierst daran, mit Sympathie und Solidarität zu agieren, denn »Kind Words« soll ein Ventil sein und die Möglichkeit bieten, gehört (beziehungsweise gelesen) zu werden. Ich hatte große Bedenken, ob dass online so gut funktionieren kann. Schließlich schneien wie im echten Leben auch online oft Assis rein, die alles ziemlich ruinieren können. Bei dir ist das aber nicht so. Vielleicht hat die entspannte Aufmachung damit zu tun. Ella, das Post-Reh, transportiert die Briefe zwischen Menschen hin und her, die aufgemuntert werden müssen und möchten. Zu Trainingszwecken schreibe ich zunächst Ella ein paar Zeilen. Während ich noch überlege, was ich in den Äther rausblase, segelt ein erster Papierflieger an mir vorbei. Wenn man so einen aufklappt, stehen Gandhi-Zitate, Kalendersprüche oder ähnlicher Schmu auf ihnen. Aber das ist alles noch im Rahmen. Ich verfasse meinen ersten Brief und schicke ihn ab in die Unendlichkeit. Während ich auf Antworten warte, ringe ich mich dazu durch, jemandem bei seinem Problem beizustehen. T. beklagt sich über seinen Job, er hat keine Motivation. Ich möchte ihm raten, sich einen anderen zu suchen, ziere mich etwas, mache es dann aber doch. Dann flattern auf einmal reihenweise Antworten auf meinen Brief herein. Sie sind ausnahmslos mitfühlend und reflektiert. Die immensen Gedankenhaufen werden von noch größeren Mengen an Empathie durchdrungen. Nur deshalb, liebes »Kind Words«, mache ich dir das größtmögliche Kompliment: 3,99 Euro habe ich in meinem Leben schon sehr viel schlechter angelegt. Marc Bohländer


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