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Mark Sedgwick: Gegen die moderne Welt

Mark Sedgwick: Gegen die moderne Welt

Mark Sedgwick: Gegen die moderne Welt. 600 S.

»Die Welt zerfällt / Die Mitte hält nicht mehr; / Und losgelassen nackte Anarchie«: Die Worte William Blakes bringen die Angst zum Ausdruck, die hinter der Antimoderne steckt. Der Westen geht unter, weil spirituelle Werte seit der Renaissance verschwinden. Erneuerung oder Tod: Das ist die Botschaft des sogenannten Traditionalismus, der sich als rotes Band der Geistesverwandtschaft von Ralph Waldo Emerson über Aldous Huxley zu T. S. Eliot und Prinz Charles zieht. Da ist es verrückt, dass die Öffentlichkeit so wenig von dieser Weltanschauung weiß. Das liegt an ihren obskuren Hauptakteuren und verschlungenen Pfaden. Der britische Historiker Mark Sedgwick geht allen Verästelungen nach, die sich seit Erfindung des Traditionalismus vor gut hundert Jahren ausbildeten. Begründer der Idee ist René Guénon (1886–1951), der seine spirituellen Gedankengebilde aus Glaubenslehren des Nahen und Fernen Ostens sowie der indigenen Bevölkerung Nordamerikas zusammenstoppelt. Er erreicht eine große Leser- und Schülerzahl. Wir landen bei Religionswissenschaftler Mircea Eliade, der sein Fach damit vergiftete. Weiterhin beim bis heute in rechten Esoterikkreisen verehrten Faschisten Julius Evola und dem Neo-Eurasianismus eines Alexander Dugin, der auch in Deutschland seine rechten Fans hat. An der Gründlichkeit der Aufzählung leidet die Übersichtlichkeit. Zusammenfassungen und thesenhafte Zuspitzungen wären hilfreich gewesen. Der politisch interessierte Leser hätte sich mehr Bezugnahmen in die Gegenwart gewünscht. Nein, das Buch ist keine »geheime Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts«, als die es der Untertitel darstellt. Doch erhellend ist allemal, wie Mark Sedgwick die Ecken des Traditionalismus ausleuchtet. Das macht es zu einem Werkzeug fürs Verständnis des antimodernen Denkens im 20. Jahrhundert. Tobias Prüwer


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