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Morgan Talty

Morgan Talty

Sein Name ist Donner. Aus dem Englischen von Thomas Überhoff. Hamburg: Rowohlt 2025. 320 S., 25 €

Morgan Talty.

Zur Sommersonnenwende sandte der gütige Rowohlt-Verlag Morgan Taltys Roman »Sein Name ist Donner« aus, um allen Erdenwürmern ein für alle Mal klarzumachen, was es bedeutet, in einem Reservat der indigenen Penobscot in Maine, an Amerikas schrundigem Arsch, aufzuwachsen. Die Mutter ein Junkie, die Schwester ein Junkie, der Vater ein Säufer, der bereits morgens am Fernseher klebt und von seinem Stamm wegen Verbrechen gegen die Gemeinschaft aus dem Reservat geschmissen wurde. In diesem »bildungsfernen« und gruseligen Umfeld versucht der Protagonist Daniel, auch er sehr früh ein Junkie, irgendwie über die Runden zu kommen. Es ist ein abgründiges, aber gleichzeitig unaufgeregtes Buch. Wir folgen in nicht-linear erzählten Storys dem an Tragik reichen Leben des sympathischen Bruders Leichtfuß Daniel. Missbrauch, Drogen aller Art, Depressionen, Diebstähle, Gewaltorgien und unausgesprochene Lebenslügen säumen seinen Alltag. Einen Ausweg findet er nur schwer, und das ist eine Stärke des Buches, das im Original eine Sammlung von Kurzgeschichten war und sich in Deutschland in einen Roman verwandelte. Die brettharten, lose miteinander verbandelten Episoden formen sich zu einer Tragödie, die nichts mit indigener Romantik und »Der mit dem Wolf tanzt«-Kitsch zu tun hat. Morgan Talty, geboren 1991, hat in seinem Debütroman ein fiktives Porträt einer indigenen Gemeinschaft geschrieben. Der heutige Literaturdozent schöpfte dabei aus seinen Erfahrungen, er wuchs in einem Reservat nahe der kanadischen Grenze auf. Rund acht Millionen Indigene leben heute in den USA – etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Etliche Indigene gestalten ihr Zusammenleben in Tribal Nations, souveränen, selbstverwalteten Reservaten. Über das Leben dort weiß man wenig, Taltys Buch kann einen Einblick bieten. Frank Willmann


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