Neuromancer (1988)
Der Klassiker
William Gibson muss einen Chip im Kopf haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Mann schon in den achtziger Jahren das moderne Internet, Chat-GPT, eigentlich unsere ganze digitale Welt vorhergesehen hat. Mit seinem Roman »Neuromancer« erfand er dann auch noch ein ganzes Genre: den Cyberpunk. Diese dystopische Zukunft mit ihren neonbesprenkelten Megastädten und bösen KIs ist ein perfektes Setting für ein Computerspiel. Fünf Jahre nach dem Roman erschien dann »Neuromancer« auch endlich digital. Darin bewegen sich Spieler durch die japanische Night City und tauchen ein in den Klassikerknallbunten Cyberspace. Das ist Gibsons damalige Vision unseres heutigen Internets: gestapelte Quader, grüne Spritzer und KIs in Edelsteinformen, die man in mühsamer Grind-Arbeit plattmacht. »Neuromancer« ist von der Spielmechanik her nur ein durchschnittliches Adventure, überträgt aber Gibsons Welt erstmals auf den Rechner. 2020 verriet Gibson in einem Interview mit dem Guardian, dass er »Neuromancer« auf einer Schreibmaschine getippt und von Computern überhaupt keine Ahnung hatte. Skeptisch beurteilte er auch den Trailer von »Cyberpunk 2077«. Es wirke wie eine generische Achtziger-Retrozukunft im »Grand Theft Auto«-Gewand. Ob der Mann Night City mittlerweile einen Besuch abgestattet hat? Denis Gießler