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Saša Stanišić

Saša Stanišić

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. München: Luchterhand 2024. 256 S., 24 €

Saša Stanišić.

Zwölf Kurzgeschichten sind es diesmal geworden und teilweise kann »Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne« als Fortsetzung von Stanišić’ erstem Erzählband »Fallensteller« von 2016 gelesen werden. Georg Horvath taucht zum Beispiel wieder auf, vor acht Jahren noch verstimmt auf Geschäftsreise unterwegs, jetzt verstimmt in seine Familienangelegenheiten verwickelt. Der Grund ist so banal wie nachvollziehbar: Er kann nie gegen seinen achtjährigen Sohn im Memory gewinnen. Daraus ergibt sich eine Reflexion über seine Ehe, seinen Job und schließlich darüber, wie man im Leben glücklich wird. Wie immer gelingt Stanišić durch seine Alltagssprache, seinen Witz und seine Fähigkeit, die Gedanken seiner Figuren immer wieder springen zu lassen und dabei verständlich zu bleiben, ein großes Lesevergnügen. Ebenfalls wieder dabei ist Mo, ebenfalls acht Jahre älter, aber kein Stück erwachsener. In seinen Geschichten werden Stanišić’ Themen deutlich: Freundschaft, Solidarität und die Frage, wie eigentlich eine gute Geschichte erzählt wird. Mos Freunde wollen gar nicht wissen, ob er heute wirklich mit dem Panzer zum Doppelkopfspielen gekommen ist, ihr Vertrauen in seine Geschichten sind ihr Freundschaftsbeweis. Zusammen mit der titelgebenden Witwe Gisel, hin- und hergerissen zwischen Einsamkeit und sozialen Ängsten und der Figur des Autors selbst – der seinen eigenen Schreibprozess in den Texten reflektiert, dass Literaturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ihre Freude daran haben dürften –, wird ein Staniversum geschaffen, das in jeder Geschichte neue Perspektiven auf das Leben aufzeigt. Und dabei glänzend unterhält. Alexander Böhle


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