Tara C. Meister
Proben. Salzburg/Wien: Residenz 2024. 256 S., 24 €
Tara C. Meister.
Caro und Johanna sind enge Freundinnen. Während die Naturwissenschaftlerin Caro im Labor
versucht, den Fehler in ihrer Versuchsanordnung zu finden, inszeniert Johanna ein Theaterstück über eine Frau, die unbemerkt verschwindet. Das Stück und der Probenprozess bilden eine Art Metaerzählung, denn auch Johanna hat große Verluste erlitten und fürchtet nun, selbst zu verschwinden. Vom Bewerbungswochenende für ein Regiestudium kehrt sie ohne Studienplatz,
dafür aber schwanger zurück. Sie will das Kind behalten, sich selbst aber auch, ein Dilemma.
Und da auch Caro Johanna behalten will, in einem ziemlich wörtlichen Sinne, entscheiden sich die beiden Freundinnen, gemeinsam Eltern zu werden, jenseits der gängigen Formen.
Ganz klar wird nicht, was die Freundinnen zueinander hinzieht, wobei vielleicht gerade darin, dass man den »Grund« der Zuneigung nicht erfassen kann, das Wesen von Freundschaft liegt. Die beiden haben sich in einer recht klassischen Rollenverteilung eingefunden, in der Caro kümmert und rettet und Johanna ihre teils übergriffige Fürsorge eher passiv über sich ergehen lässt. Hin und wieder will man sie schütteln, alle beide, und ihnen raten, die Dinge doch einfach mal
auszusprechen. Dann wäre allerdings das Buch schnell zu Ende, das nicht zuletzt davon lebt, dass hier zwei ambivalente Figuren mit- und gegeneinander um Nähe und Autonomie, Differenz und Verbindlichkeit ringen − und zwar mal nicht auf Grundlage erotischer Liebe, wo solcherlei sonst oft verhandelt wird.
Die Kraft dieses Romans liegt nicht nur in klugen Dialogen und genauen Beschreibungen, sondern vor allem darin, dass die beiden Figuren in ihrer ganzen Schwierigkeit und Schwäche gezeigt und dennoch getragen werden, voneinander und von der Erzählung, trotz aller Fragilität. Anna Kow