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Tiger Woods PGA Tour 11

Tiger Woods PGA Tour 11

Eingelocht mit Schniedel Woods

Preis: 60 €

»Golf ist besser als Kokain«, raunte mir der Pressesprecher eines Golfclubs an der Nordsee einst zu, als ich in bester Journalistenmanier einen spendierten Golfkurs auf seinem perfekt gepflegten 18-Loch-Platz nahm. Und bald verstand ich auch, was der grauhaarige Herr meinte, nämlich, als ich zum ersten Mal einen Golfball mit einem dieser dicken Schläger so richtig und mit voller Kraft traf. Diese explosive Wucht! Dieses unanständige Glücksgefühl, wenn der kleine, schwere Ball mit unfassbarer Beschleunigung davonfliegt und fliegt und fliegt, bis man ihn fast nicht mehr sehen kann - das ist schon ziemlich sexy, da spritzt das Serotonin aus allen Synapsen. Womit wir beim Thema wären: In der Golfsimulation »Tiger Woods PGA Tour 11« darf der Übergolfer und weltberühmte Sexsüchtige Tiger Woods wieder den Schläger schwingen und einlochen. Kenner der einschlägigen Klatschpresse dürfen jetzt grinsen. Zur Strafe für seine empörenden Affären muss der echte Tiger seiner künftigen Ex-Ehefrau bald ein paar hundert Millionen Dollar zahlen. Das kann dem Spieler von »Tiger Woods PGA Tour 11« aus dem Hause Electronic Arts nicht passieren. Es ist eben recht unwahrscheinlich, dass man als PlayStation-Couch-Potato von Golf-Groupies in Versuchung geführt wird. Und wenn doch, dann nur im Onlinespiel. Leider verbergen sich dort hinter Spielernamen wie »SeXyLuc:y« oder »Hot$hick« in der Regel doppelzentnerschwere Comic-Laden-Besitzer. Trotzdem stellt sich die Frage, warum man einen so schönen Sport wie Golf daheim an der Spielkonsole und nicht draußen im Grünen spielen soll. Die Antwort: Es gibt es keine vernünftigen Gründe, aber einige unvernünftige. Faulheit zum Beispiel oder fiese Vorurteile gegenüber Golfspielern. Wer möchte schon freiwillig mit Fatzkes abhängen, die sich komisch karierte, rosa Kaschmir-Pullis überhängen und die Ärmel vor der Brust zusammenbinden? Oder mit Leuten, die durch kreative Subventionsbeschaffung zu vorübergehendem Wohlstand gekommen sind, mit klapprigen BMW-Cabrios protzen und Zeitschriften wie GolfPunk lesen? Zeugt es nicht eher von Stil, sein Golfturnier zu Hause auf dem Sofa auszutragen, bekleidet nur mit einer Unterhose und einem Sternburgbier als Kompagnon? Ein weiterer Grund fürs Computergolfen wäre Unvermögen. Zwar ist auch die Golf-Spielkonsolenversion einigermaßen anspruchsvoll, aber wer schon mal versucht hat, einen Golfball beim Abschlag überhaupt nur zu treffen, weiß: Das ist gar nicht so einfach. Der letzte Grund heißt Armut. Ja, bittere Armut! So ein Playstationspiel kostet 60 Euro, das ist nicht gerade billig, es sind aber trotzdem nur etwa fünf Prozent einer durchschnittlichen Golfclub-Jahresgebühr, und ich rede hier von Clubs im armen Leipzig. Man wird also gezwungen zum Computergolf. Das ist auch gar nicht so schlimm. Die 27 Golfplätze sind wunderschön anzuschauen, Wind und Wetter können sich jederzeit ändern, das Spielgefühl ist besonders auf der Wii recht realistisch und wer will, darf eine Spielfigur im Hasenkostüm wählen. Doch auch wenn »Tiger Woods PGA Tour 11« eine überaus entspannende Gute-Nacht-Beschäftigung ist, das Spiel kann echtes Kokain nicht ersetzen und auch nicht dieses unglaubliche Gefühl, wenn man mit einem dieser dicken Golfschläger den Ball mit voller Wucht trifft. Andreas Raabe


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