Tomb Raider (2013)
Der Klassiker
Eigentlich muss Geralt, der Hexer in »The Witcher 3«, die Welt retten. Doch lieber kloppt er im Wirtshaus ein paar Karten. »Ludonarrative Dissonanz« nennen die Game-Studies dieses Phänomen. Weniger sperrig heißt das: Geschichte und Spielmechanik passen nicht zusammen. Besonders krass war das in der Neuauflage von »Tomb Raider«.
In dem Action-Adventure begleiten Spieler die Heldin Lara Croft in ihren ersten Stunden. Verletzt und dramatisch strandet die junge Archäologin auf der fiktiven ostasiatischen Insel Yamatai. Wie ein richtig guter Hollywoodstreifen sind die Filmsequenzen inszeniert; ein bisschen wie »The Revenant«, nur ohne Bart und mit Pferdeschwanz. Croft wird überwältigt, ist hilflos, stirbt beinahe. Dann übernimmt der Spieler die Kontrolle und ballert plötzlich Dutzende Männer über den Haufen. In den Zwischensequenzen ein Unschuldslamm, ist Croft in den Spielpassagen eine Mordmaschine.
Diesen Widerspruch nehmen viele Entwickler hin. Ballern ist für sie ein einfaches Mittel, Games schnell mit Inhalt zu füllen und Spieler zu beschäftigen. Eine Lara Croft, die vielleicht keine Superheldin ist, sondern hauptsächlich schleichen muss, das hat man sich nicht getraut. Und so werden wir auch in den nächsten Jahren mit mordlüsternen Unschuldslämmern leben müssen. Denis Gießler