Eins gleich vorab für alle Zuspätgeborenen und Szeneunkundigen: Die Hamburger Schule ist keine irre Facebook-Sekte, zumindest war sie das nicht immer. Nachdem eine zweiteilige NDR-Dokumentation in ebenjenem sozialen Netzwerk Anfang Juni in erhitzten Diskussionen voller Kränkung, Neid und Missgunst der damals Beteiligten gipfelte, konnte dieser Eindruck ja entstehen.
Parallel zur Dokumentation und zum Buch »Der Text ist meine Party« ist auch eine Compilation erschienen, die in Erinnerung ruft, dass es in der Hamburger Musikszene der späten achtziger und frühen neunziger Jahre tatsächlich einen musikalischen Zusammenhang gab, der innerhalb
weniger Jahre mit Bands wie Kolossale Jugend, Blumfeld, Die Sterne, Die Braut Haut Ins Auge oder Tocotronic substanziell Neues hervorgebracht hat.
Das verbindende Element dieser musikalisch letztlich doch sehr unterschiedlichen Bands lag dabei weniger in einem kohärenten Stil als vielmehr in der Art und Weise, wie getextet wurde:
nämlich (überwiegend) auf Deutsch, aber ohne den patriotisch konnotierten Jetzthaben-wir-uns-endlich-von-den-Fesselndes-Zweiten-Weltkrieges-befreit-Dünkel von Protagonisten wie Kunze, Grönemeyer & Co. Dafür verkopft, alltagsnah, gebrochen, gewitzt und stets – ganz wichtig! – mit klarer Haltung.
All das und noch viel mehr bildet diese tolle Compilation ab, auf der neben den weiter oben genannten Bands auch etwas abseits des üblichen Kanons stehende Acts wie Stella, Die Fünf Freunde oder Concord vertreten sind. Luca Glenzer