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Verena Keßler

Verena Keßler

Gym. Berlin: Hanser 2025. 192 S., 23 €

Verena Keßler.

Was man der Lektüre von Verena Keßlers »Gym« zugutehalten muss, ist das Training der Gesichtsmuskulatur. Die wurde für verschiedenste Grimassen der Überraschung, des Unglaubens und vor allem Ekels beansprucht. Zu viel soll nicht verraten sein, aber es wird gerne mal rohes Hackfleisch vom Vortag unter Fingernägeln herausgenuckelt. Alles für die Proteinzufuhr. Keßlers Protagonistin ist bereit. Namenlos und unter betont geheimnisvollen Umständen tritt sie einen neuen Job als Tresenkraft im Mega Gym an. Nicht ohne uns immer wieder wissen zu lassen, dass das eigentlich weit unter ihrem Niveau ist. Um ihren untrainierten Körper zu erklären, greift sie zur Notlüge, gerade erst ein Baby bekommen zu haben. Wer meint, dass der Roman nun die alltäglichen und gesellschaftlichen Fallgruben dieser erfundenen Mutterschaft erkundet, irrt. Auf der Hälfte der 200 Seiten wird dieser Handlungsstrang von einer neuen, alten Obsession der inzwischen fitten Protagonistin verdrängt. Body Horror trifft auf Body Building, Fitnesskult und Ehrgeiz einer unzuverlässigen Erzählerin. Das passiert durchaus fesselnd und fein nuanciert. Vor allem das Ende löst eine Gänsehaut aus, die längst nicht mehr nur mit Ekel zu tun hat. Nur der mehrmals im Klappentext versprochene Humor kommt etwas zu kurz. Angesichts der gigantischen Spiegel im Mega Gym bleibt dem Leser vielleicht ganz zu Recht das Lachen im Hals stecken. Alexandra Huth


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