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Ally Klein: Carter

Ally Klein: Carter

Ally Klein: Carter. 208 S.

Kleins Debüt spaltete die Jury des Bachmannpreises 2018. Denn würde dieses Buch an seiner Handlung gemessen, wäre es ziemlich fad. Etwas treibt die namenlose Erzählerin in die Nacht hinaus, in einer Hafenkneipe trifft sie auf Carter. Diese Frau brennt sich sogleich ins Bewusstsein der Erzählerin. »Über sie schreibt man Bücher«, denkt sie sich, und »Ich liebte Carter mittendrinnen, anfangslos.« Alle weiteren Charaktere und Ereignisse dieses Buchs entstehen durch die Modi der Erzählung selbst. Was »Carter« ausmacht, ist seine Sprache. Die Inhalte des Romans sind nur durch die sprachliche Gemachtheit des Textes greifbar, sie bilden kein Fenster in eine existierende Welt und bieten wenig Transparenz. So kann es durchaus passieren, dass unklar ist, wo im Text man sich gerade befindet, was genau passiert, was der Anlass der Handlung ist. Das Obskure dabei: Die Lebendigkeit des Textes steckt in jeder Zeile. Er kreiert eine diffuse Nähe, die wie die Hauptfigur selbst ungreifbar bleibt und fasziniert. Es braucht Ausdauer, um dem Sog beizukommen, den die unzuverlässige Erzählerin auf ihre Leser ausübt. »Schon gut. Ich hab’s eh nicht wegen der Handlung gelesen«, kommentiert Carter ihre eigenen Lesegewohnheiten. Der Roman endet in Fieberschüben, genau da, wo er ursprünglich begann. So dreht sich »Carter« im Kreis und betont den Akt des Aufschreibens, Abbildens, Nacherzählens und damit auch die Gewissheit, dass nichts im gegenwärtigen Sinneseindruck letztgültig begreifbar ist, sondern sich nur im Nachhinein rekonstruieren lässt. Ein kantiger, komplexer, aber auch künstlerisch genialer Roman. Marcel Hartwig


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