anzeige
anzeige
Andreas Kurz: Der Blick von unten durch die Baumkrone in den Himmel

Andreas Kurz: Der Blick von unten durch die Baumkrone in den Himmel

Andreas Kurz: Der Blick von unten durch die Baumkrone in den Himmel. 264 S.

Das Wunderbare an Reiseerzählungen ist der Rhythmus, den der beschrittene Weg vorgibt. Andreas Kurz’ »Der Blick von unten durch die Baumkrone in den Himmel« ist dafür ein gutes Beispiel: Der Erzähler wandert zu Fuß die Donau entlang, von Wien nach Budapest, und überlässt sich den Eindrücken einer Landschaft, die im Erzählen ihre politischen, historischen und persönlichen Dimensionen entfaltet. Kurz’ Stil übersetzt die Reiseerfahrungen unaufdringlich in einen organisch fortschreitenden Text. In den stärksten Passagen mischen sich Beschreibung und Assoziationen zu verdichteten Denkbildern, etwa wenn der Erzähler beim Blick auf Bratislava an seinen Großvater denkt, der dort im Zweiten Weltkrieg stationiert war, oder wenn das Überqueren der Ländergrenze Erinnerungen an den eigenen Wehrdienst beim Grenzschutz wachruft, der durch die jüngsten Ereignisse einen Beigeschmack bekommen hat. Solche Reflexionen ergeben sich wie von selbst, den Regeln des Weges folgend. Wo Kurz derart über seine Wanderung schreibt, ist sein Bericht ein ästhetisches und intelligentes Stück Literatur. Auf sein Schreiben über Frauen trifft das nicht zu. Ein Großteil des Textes verlässt die Route und befasst sich mit Irma, der Exfreundin des Erzählers. Parallel zur Reise nach Budapest wird ihre Beziehungsgeschichte erzählt; eine Geschichte des Scheiterns. An diesen Stellen büßt die Erzählung ihre Kraft ein, wird zur selbstgerechten Rekapitulation, einem krampfhaften Durchkauen von Schuldzuweisungen. Man wünscht sich, einen Bogen drumherum schlagen und auf den eigentlichen Weg zurückkehren zu können. Philipp Hartmann


Weitere Empfehlungen