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Andrus Kivirähk und Veiko Tammjär

Andrus Kivirähk und Veiko Tammjär

November. Aus dem Estnischen von Maximilian Murmann. Berlin und Dresden: Voland & Quist 2023. 144 S., 30 €

Andrus Kivirähk und Veiko Tammjär.

Die von Veiko Tammjär illustrierte Graphic Novel, die auf der erfolgreichen Romanreihe von Andrus Kivirähk beruht, porträtiert verschiedene Menschen in einem estnischen Dorf zur Zeit der deutschen Lehnsherrschaft, also irgendwann zwischen 1230 und 1561. Die von den Baltendeutschen, wie wir sie heute nennen, unterdrückte estnische Bevölkerung ist in diesem Buch selbst nicht gut oder tugendhaft. Ihre Geschichte handelt von Diebstahl und Habgier, die verarmten Bauern belügen und betrügen sogar den Teufel. Egal, welche Seite man aufschlägt: Die Bilder, die einen anschauen, sind schwarzweiß-grau-rot. Es könnten auch Scherenschnitte sein, so klar sind die Umrisse. Schlicht sind die Illustrationen dennoch nicht, denn die Lüfte sind voller Geister und in den Wäldern wimmelt es nur so von dunklen Gestalten. Alles ist beseelt. Das Wechselfieber ist eine Frau, die sich nur mit einer Flasche Schnaps am Tag bekämpfen lässt. Die schönsten Seiten des Bandes zeigen fantastische Wesen wie den hundertbeinigen Geisterluchs oder Kühe mit Flossen: »Meereskühe fressen im Winter Schnee, lecken im Sommer den morgendlichen Tau und geben mehr Milch als jedes Hausrind.« Es fällt leichter zu sagen, was diese außergewöhnliche Graphic Novel nicht ist, als was sie ist. Der Band ist nicht so politisch, wie der Klappentext vermuten lässt, stellt nicht das Verhältnis zwischen Esten und Deutschen in den Mittelpunkt. Und trotz all der Fantastik und Folklore handelt es sich bei »November« nicht um ein Märchen. Denn es fehlt die Moral von der Geschicht. Menschen ändern sich nicht, sie bleiben so düster und derb wie die Welt, in der sie leben. Eine Geschichte über dunkle Tage für dunkle Tage. Pauline Reinhardt


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