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Ulrike Draesner

Ulrike Draesner

penelopes sch( )iff. postepos. München: Penguin 2025. 304 S., 35 €

Ulrike Draesner.

Halten wir uns nicht damit auf, die zahlreichen Auszeichnungen und Veröffentlichungen der gleichermaßen produktiven wie anspruchsvollen Schriftstellerin Ulrike Draesner anzuführen. Es sei vorab nur gesagt, dass die 1962 in München geborene Autorin sowohl in Ausuferndem zu Hause ist als auch in der äußersten Verknappung. Zuletzt hatte sie 2021 in ihrer Dichtung »doggerland« Menschheitsgeschichte neu geschrieben. Nach dem Roman »Die Verwandelten«, dem Memoir »zu lieben« und der Poetikvorlesung »Sich ein Herz fassen« ist im August nun ein Langgedicht erschienen, das aus den Tiefen der Antike ein unbemanntes Boot auftauchen lässt. Wie der Titel schon verrät, hat sich Draesner nicht mit dem ewig wiedergekäuten Odysseus beschäftigt. Während Medea, Kirke und anderen antiken Frauenfiguren in den letzten Jahren literarisch zu neuem Recht verholfen wurde, ist es ein bislang äußerst schweigsamer, beinahe unscheinbarer Mensch, der nun mit einigen anderen auf 300 Seiten zu Wort kommt. »Die Figur erschien – und mit ihr eine Idee. Ich wollte Penelopes Geschichte in Überlappung mit dem Ende der Odyssee, wie es aus der Antike überliefert ist, erzählen. Vor allem aber wollte ich von Penelope erzählen in jenem dunklen Raum, in dem üblicherweise nur noch der Abspann läuft.« Die von Männern heraufbeschworene, treu webende Ehefrau lässt Draesner hinter sich. Stattdessen sticht Penelope nach der Rückkehr ihres kriegstraumatisierten Mannes selbst in See mit einer Crew aus hundert Frauen, einer schweigsamen Schildkröte und einem Gurkenglas. Die Details verraten es: Trotz der Ernsthaftigkeit und Genauigkeit, mit der die Autorin auch hier wieder Sprache (Altgriechisch, Englisch, Deutsch) und Narrativ (Mythen, Klischees, Tradiertes) auftrennt und neu verknotet, erhellen feiner Humor und übersprudelnde Lust am Spiel die Tiefe des Textes. Gegen patriarchale Übersetzungstraditionen und den antifeministischen Backlash. (...) Linn Penelope Rieger


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