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Ulrike Draesner

Ulrike Draesner

doggerland. München: Penguin Verlag 2021. 182 S., 38 €

Ulrike Draesner.

Ein paar Jahre ist es her, da war dort, wo heute die niederländischen Boote in der Nordsee nach Kabeljau fischen, noch gar keine Nordsee. Da tummelten sich Urmenschen und Mammuts, Säbelzahntiger und ihr Scheiß und Gestank auf trockenen Böden, zwischen Wäldern, Höhlen und Schluchten. Und dann wurde es kalt, und dann warm. Und dann kam irgendwann die Flut. Und dann, noch etwas später – ein Wimpernschlag in der Geschichte – kommt die gebürtige Münchnerin Ulrike Draesner auf die Idee, den erdgeschichtlichen Unwahrscheinlichkeiten, die unserer Gegenwart vorausgingen, ein Denkmal zu setzen. Nicht so sehr die steinzeitliche Nordsee als vielmehr die sie besiedelnden Organismen macht die Autorin zum Schauplatz ihrer lyrischen Erkundungen. Draesner begleitet ihre fernen Vorfahren in diesem »Langgedicht« (so nennt sie es selbst) auf dem Weg zum ersten Werkzeug, zur Sprache. Begleitet sie zur Jagd und beim allmählichen Verlernen tierischer Instinkte, bei der Geburt ihres Nachwuchses. Flankiert wird diese Mammutaufgabe von einer etymologischen Spielfreude und Präzision. Phonetische, semantische Bezüge zwischen der deutschen und der englischen Sprache schimmern an den Seitenrändern und inmitten der Zeilen, kursiv und in Klammern. Assoziativ, originell und trotzdem jederzeit nachvollziehbar ist dieses Buch geraten. Fast beiläufig dekonstruiert sie zusätzlich die allzu gängige Mär vom naturgemäß jagen den Mann, dem die archaische teigknetende Hausfrau gegenübersteht. Dagegen die »doggerland«-Frauen: »Waren sie es, die begannen, Tiere zu zähmen?« Die Sprache jedenfalls bleibt hier ungezähmt oder wird überhaupt erst ausgewildert. Jonas Galm


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