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Angela Steidele

Angela Steidele

In Männerkleidern. Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721. Berlin: Insel Verlag 2021. 326 S., 24 €

Angela Steidele.

Mit der Biografie »In Männerkleidern« legt der Insel Verlag ein Buch neu auf, dessen Protagonistin im November 1721 hingerichtet wurde. Vor 300 Jahren also, in der Frühen Neuzeit, einer Epoche radikaler Umwälzungen, in der sich vieles veränderte und die Menschen immer wieder neue Blickwinkel auf scheinbar Altbewährtes entdeckten – auch wenn daraus nicht automatisch mehr Toleranz erwuchs. Das musste auch Catharina Linck, deren ereignisreiches Leben Angela Steidele unter die Lupe nimmt, am eigenen Leib erfahren. Sie wuchs in großer Armut auf, begann als Fünfzehnjährige, Männerkleider zu tragen, im Stehen zu pinkeln und in der Welt herumzureisen. Dabei gab sie sich fantasievolle Männernamen, beglückte zahlreiche Frauen mit einem Lederdildo, kämpfte als Musketier, wurde schon einmal fast als Deserteur hingerichtet und heiratete eine andere Frau, deren Mutter den seltsamen Schwiegersohn schließlich anzeigte. Angela Steidele schildert diesen Lebensweg in schlichter, extrem fesselnder Sprache und unterfüttert ihn mit meisterhaft recherchierten Details. Wie nebenbei erfährt man einiges über die religiösen Verhältnisse, das harte Leben preußischer Soldaten und das komplizierte Rechtssystem der damaligen Zeit. Die Autorin folgt nicht nur dem roten Faden Catharina Lincks (oder Anastasius Rosenstengels, wie sie sich anfangs nennt), sondern webt einen ganzen erzählerischen Teppich, um die Lebensverhältnisse und den Zeitgeist greifbar zu machen. Dabei berührt sie zwar auch die Frage, ob Catharina Linck nun queer, lesbisch oder trans gewesen sein mag. Allerdings geht es vor allem um die Erlebnisse einer Persönlichkeit, deren faszinierendes Moment Steidele ohne großes Kategorisieren hervorzuheben versteht. Alexandra Huth


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