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Angelika Grubner: Die Macht der Psychotherapie im Neoliberalismus

Angelika Grubner: Die Macht der Psychotherapie im Neoliberalismus

Angelika Grubner: Die Macht der Psychotherapie im Neoliberalismus. 386 S.

Die These, dass sich im Neoliberalismus Fremdausbeutung in Selbstausbeutung verwandelt hat, ist mittlerweile gut belegt. Das Individuum wird zum »Unternehmerischen Selbst« (Ulrich Bröckling), eine »Psychopolitik« (Byung-Chul Han) hat Einzug gehalten. Es bedarf nur der angemessenen Motivation, der »Aktivierung«, dann nutzt jeder die gepriesene Freiheit, um sich noch ein bisschen mehr unter Druck zu setzen. Auch mit drei Minijobs lässt sich das Konsumentenleben schließlich gestalten, und gegen Burnout und Depression gibt es doch Pillen und Therapie. Wir motivieren uns zu Tode. Die systemische Psychotherapeutin Angelika Grubner hat nun in diesem Kontext »Die Macht der Psychotherapie im Neoliberalismus« untersucht. Zunehmend, so ihr begründeter Verdacht, dient ihr Zweig nicht mehr der Behandlung klinischer Fälle, sondern wird zum allgemeinen Fitmacher für die neoliberale Kondition. Fit to work dank Couchbesuch. In ihrem Buch beschreibt sie zunächst, wie subtil Machtverhältnisse ausgebildet werden können und wie die Psyche politisch, also Motor für ein gelingendes Leben wurde. Diese Kapitel sind auch aufgrund des Verzichts auf zu viel Fachvokabular eine gute Einführung ins Thema Psyche und Politik: die Internalisierung der externen Machtverhältnisse im Subjekt und das Werden von »Du musst dein Leben ändern« zum allgegenwärtigen Mantra. Danach skizziert Grubner die Entwicklung der Psychotherapie in Österreich – und auch Deutschland mitstreifend – der letzten Jahre und deren Wirkmächtigkeit als systemstabilisierende Disziplin. Dabei hält sie mit deutlicher Kritik nicht zurück und zeigt, wie die Psychotherapie von ihrer neuen Rolle selbst ausgiebig monetär profitiert. Das Schlusskapitel enthält Überlegungen, welche Gestalt eine kritische Psychotherapie annehmen könnte. Dass dieses eher von Suchbewegungen getragen ist, versteht sich von selbst. Aber das ist schon mehr als ein Anfang. Tobias Prüwer


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