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Bildungsreise – Folge vier: Kartografie

Bildungsreise – Folge vier: Kartografie

Bildungsreise – Folge vier: Kartografie. 382 S.

Aus somalischer Perspektive auf Äthiopien schauen: Nuruddin Farahs Roman »Maps« wurde als erster Teil einer Trilogie 1986 auf Englisch veröffentlicht, 1992 ins Deutsche übersetzt und spielt, wie die meisten Bücher des Autors, hauptsächlich in Somalia. Er beginnt jedoch im Ogaden, einem Gebiet zwischen Äthiopien und Somalia, in dem die meisten Bewohner Somalis sind, das aber dennoch einen Teil Äthiopiens bildet. Dort wächst Askar fast symbiotisch mit seiner Ziehmutter Misra auf, die ihm seine verstorbenen Eltern ersetzt. Misra stammt aus Äthiopien und kann aus Wasser, Blut und Fleisch die Zukunft wahrsagen. Askars Kindheit verläuft zwischen Verkleidungsspiel und Koranschule, umgeben von einem – immerhin nicht ihn – prügelnden Onkel und dem verhassten Koranlehrer, deren abwechselnde nächtliche Besuche Misra ertragen muss. Als somalische Freiheitskämpfer den Ogaden aus äthiopischer Vorherrschaft zurückerobern wollen und der Krieg immer näher rückt, wird Askar in die Hauptstadt Somalias, Mogadiscio, geschickt, wo er bei seinem Onkel Hilaal, einem gut kochenden Universitätsdozenten, und dessen Frau Salaado, einer gut Auto fahrenden Lehrerin, unterkommt. Ausgiebige, kontroverse Gespräche, besonders über Politik, das Ringen um nationale Identität der Länder Afrikas und den Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien, sind mit ihnen Teil des Alltags. Landkarten sind in »Maps« ein Schlüsselgegenstand, seit Askar eine erste Karte nach seiner Beschneidung im Kindesalter geschenkt wurde: Auf ihnen werden nicht nur Truppenrouten, sondern auch, einem Spiegel ähnlich, das Selbst verortet. Kurz bevor er sich zwischen einem Studium und dem Dienst an der Waffe entscheiden muss, taucht Misra in Mogadiscio auf – und wird beschuldigt, die somalischen Kämpfer an das äthiopische Militär verraten zu haben. Farahs Stärke liegt im sensiblen Blick für Unterdrückung und Ungleichheit, vor allem die der Geschlechter. Dafür muss man etwas vage Metaphern und einige leicht ermüdende, mythologisierende Traumsequenzen verkraften.  Alexandra Ivanova


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