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Claire-Louise Bennett

Claire-Louise Bennett

Kasse 19. Aus dem Englischen von Eva Bonné. Berlin: Luchterhand 2023. 304 S., 22 €

Claire-Louise Bennett.

Wer Bücher für ihren Plot liest, ist hier an der falschen Adresse. Wer für Bücher und ebenso wegen ihnen lebt, findet in Claire-Louise Bennett eine zuverlässige Komplizin. Die Wahl-Irin widersetzt sich für »Kasse 19« allen Erwartungen, die der gegenwärtige Bildungsroman aufruft. Zugleich schreibt sie somit »den« modernen Bildungsroman. Ihre Methode ist jedoch kein Formexperiment der Moderne, vielmehr geht es hier um die Erfahrbarkeit des Schreibens und das Schreiben als Erfahrung. Das Buch gibt die Gedankenwelt eines heranwachsenden Mädchens wieder, ihr Entdecken der Literatur, ihre ersten Schritte als Autorin. Es kartografiert das Schreiben als Gedankenstrom. Autofiktionales vermischt sich mit Kurzprosa, Literaturkritik und Auflistungen. In mehreren Vignetten folgen die Lesenden der Protagonistin, die im Roman abwechselnd in der ersten Person – mal Singular, mal Plural – erzählt oder nur als »sie« erscheint. Ihre Gedankenwelt ist ein Sog: In »Kasse 19« entstehen Wortneuschöpfungen, verwirren sich innere Monologe, werden zu Dialogen, spiegeln sich Gedanken und Gedankensprünge. Die Erzählsprache des Romans ahmt das Entdecken der Befähigung nach, sich selbst auszudrücken: Zu Beginn erscheint die Prosa als hastige Notizen und Gedankenströme, sie reift erst über die Leseerfahrung der Protagonistin und mit ihrem Entdecken weiterer Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Schließlich entsteht eine sichere Stimme, die gegen Ende des Buches schockiert, überrascht und sofort zum Wiederlesen animiert. Passenderweise stellt Claire-Louise Bennett als Credo einen Auszug aus Ingeborg Bachmanns »Malina« voran: »Ausdruck ist Wahn, entspringt aus unserem Wahn« – und für diesen hätte Luchterhand keine bessere Übersetzerin engagieren können als Eva Bonné. Marcel Hartwig


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