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Clemens Meyer

Clemens Meyer

Stäube. Drei Erzählungen und ein Nachsatz. Mit Fotografien von Bertram Kober. Leipzig: Faber & Faber 2021. 128 S., 22 €

Clemens Meyer.

Unermüdliche Schaufelradbagger durchpflügen, verändern und zerstören Lebensräume, bestimmen den Alltag und das Schicksal mehrerer Generationen in Clemens Meyers neuem Buch. Drei Erzählungen und einen Nachsatz verkündet uns der Untertitel. Eine der Geschichten handelt von einem Höhlenforscher, der sich auf der Suche nach der Königin der Tiefe in den Stollen seines eigenen Forschungsobjekts verliert, die anderen beiden erzählen von Menschen, die in Tagebaugebieten leben. Figuren, die ihre Heimat nicht verlassen wollen, bis ihnen der Bagger buchstäblich den Boden unter den Füßen weggräbt, werden von Meyer in einer Sprache beschrieben, die dieses Gefühl des Kurz-vor-dem-Abgrund-Stehens in den Leser hineinbrennt. Das Bild auf dem Schutzumschlag – ein mächtiges Schaufelrad eines alten Kohlebaggers – stammt vom Fotografen Bertram Kober, dessen weitere Aufnahmen sich in einem eigenen Bildteil an die drei Erzählungen im Buch anschließen. Sie eröffnen kleine Welten, in denen industrielle Überreste dem Zerfall und dem Verschwinden trotzen und landschaftliche Folgeerscheinungen zum Symbol der Zerstörung werden. Die Fotografien schaffen zugleich eine Reflexionsphase zwischen den literarischen Texten und dem darauf folgenden literaturwissenschaftlichen Exkurs Meyers. In seinem Nachsatz über die Frage »Wozu Literatur?« nimmt der Autor dem Leser Anstrengungen zur Intertextualität in seinem Werk ab, indem er die Entwicklung des eigenen Schreibens anhand seines persönlichen Literaturkanons skizziert. Dies geschieht gleichzeitig auch als Gegenposition zur Tendenz, Bücher rein im Kontext der Autorenbiografie zu rezipieren. Literatur ist für Meyer die einzige Möglichkeit, »Steine zu erweichen, Felsen weinen zu lassen, Menschen zu verzaubern …« und Drachen durchs Erdreich ziehen zu lassen. Hanna Schneck


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