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Clemens Meyer

Clemens Meyer

»Warum das manchmal außer Kontrolle gerät« - Clemens Meyers Tagebuch über die alltäglichen Abgründe

Clemens Meyer. 192 S.

Was war im Vorfeld nicht alles zu hören. Ein klassisches Zwischenbuch sei das. Ja, ja, Meyers gesammelte Blogs aus der FAZ. Eine dieser üblichen Sammlungen aus schon Veröffentlichtem und Halbgarem. Clemens Meyer schreibt sich in das Jahr 2009 hinein: Es beginnt festgeschnallt auf einer Pritsche, eingeliefert, eben noch paar Bier, dann bisschen Streit mit der Staatsmacht, später in der Zelle bisschen auf Suizidgefahr gemacht. Aktion. Reaktion. So schnell kann das gehen. »Gehe nicht über Los, ziehe nicht 4.000 Mark ein.«»Ein Tagebuch«, so lautet der Untertitel von »Gewalten«. Die Stadt L. kommt darin vor. Der Alltag. Die Abgründe. Autobiografisch gefärbt ist »Gewalten«: Manchmal glaubt man Meyer auf der Spur zu sein, dann wieder verliert sich diese Spur in der Fiktion. Tragik und Tod sind tragende Elemente: Der Krebstod des Freundes. Meyers Hund Piet: »Er ist weg.« Oder »Der Fall M«, der regional und bundesweit in den Schlagzeilen war. Nur beim Pferderennen wird nicht gestorben. Die Freundschaften sind der Kitt dieser Geschichten, und sie halten, auch wenn man viel falsch machen kann. Auch darum geht es in »Gewalten«: Im Falschen zueinanderzustehen. Wegzulaufen, sich ändern zu wollen und doch nicht aus sich heraus zu können. Wer nur das Brutale sieht, das Schmutzige und Rohe, der schaut zu kurz. Diese Männlichkeit hat nichts mit Macho-Allüren zu tun, auch wenn die Sprache von Meyers Figuren manchmal so klingt. Sondern mit großer, mit tiefer Traurigkeit. Clemens Meyer ist ein großer Erzähler. Im Roman, in den Stories und eben auch im Tagebuch. »Ein Mann alleine hat keine verdammte Chance nicht!«, zitiert Meyer den Altmeister Ernest Hemingway. Manchmal wünscht man sich nichts mehr, als dass es einmal anders kommen könnte. Claudius Niessen


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