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Dominika Słowik

Dominika Słowik

Tal der Wunder – Der Esoteriker, die Genossin und der Arsch im Heiligenschein. Aus dem Polnischen von Alexandra Tobor. Greifswald: Katapult 2022. 480 S., 26 €

Dominika Słowik.

Zuckrowka heißt die kleine Stadt in einem Tal irgendwo in Polen. Das war es auch schon mit den Orientierungshilfen, denn Dominika Słowik spielt mit uns. Munter springen die Kapitel ihres zweiten Romans durch die Jahrzehnte, Zeitangaben lauten vage: »Kurz vor Neujahr begannen in unserer Stadt nachts geheimnisvolle Spuren im Schnee aufzutauchen.« Die jugendliche Ich-Erzählerin lebt in der Villa ihrer Großmutter, einer Ex-Genossin, die sich nach Amerika abgesetzt hat und alle paar Jahre mal anruft. Die Mutter schreibt an einer geheimnisvollen Arbeit, der Vater sitzt auf dem heimischen Sofa und schaut Tier-Dokus, seine Nachwendejobs als Hellseher und Wünschelrutengänger sind nicht mehr gefragt. Als im Schnee Spuren auftauchen und die siebzehnjährige Magda nachts auf den Dächern der Stadt unbekleidet zu singen beginnt, entblättert sich im Rückblick die antagonistische Entwicklung Zuckrowkas. Genossin Saretzka, die Großmutter unserer Erzählerin, agierte als Herrscherin über den Ort (zum Beispiel setzte sie die Errichtung eines Keramikwerkes durch) gegen den Priester, der ihr mit Mitteln des Glaubens (Wundererscheinungen) gegenübertrat. Die »kleine Saretzka« und ihre Freunde Micha und Hans stolpern in der Jetztzeit als Hilfsdetektive durch die Ereignisse. Als am Himmel über Zuckrowka der Arsch im Heiligenschein steht, Werwolf-Gerüchte kursieren und ein toter Journalist aus dem Waldtümpel gefischt wird, kulminieren die Geschehnisse. Der Leserin bleibt das Lachen im Halse stecken, so sezierend schaut Dominika Słowik auf das wunderharrende postkommunistische Leben ihrer Mitmenschen. Überbordend, witzig, liebevoll zu ihren Protagonisten und spannend bis zur letzten Zeile – ein Meisterwerk! Anne Hahn


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