Dominique Laure Miermont. 474 S.
Eigentlich hätte sie glücklich sein müssen. Die Voraussetzungen dafür waren geradezu im Übermaß gegeben: ein reiches Elternhaus, äußere Schönheit und eine vielseitige Begabung. Aber eben dafür hatte sie kein Talent: zum Glücklichsein. Die Schweizer Journalistin, Fotografin und Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach (1908?1942) gehört zweifellos zu den faszinierendsten Frauengestalten des vergangenen Jahrhunderts. Zu ihrem 100. Geburtstag ist nach Jahrzehnten der Vergessenheit nahezu ihr gesamtes Werk, Reisereportagen, Novellen, Romane, wieder zugänglich. Dazu gleich mehrere Biografien, darunter die der französischen Literaturwissenschaftlerin Dominique Laure Miermont. Deren kenntnisreiche und einfühlsame Lebensbeschreibung erreicht bisweilen eine solche atmosphärische Dichte, dass der Leser auch mehr als 50 Jahre nach ihrem Tod Annemarie Schwarzenbachs androgyner Faszination erliegt. Zu erzählen gibt es mehr als genug: Über Annemaries Freundschaft mit Klaus und Erika Mann, deren Kampf gegen die Nazis sie sich anschloss, ihre journalistischen Reisen nach Spanien, den USA, Persien, Afghanistan (wohin sie mit dem Automobil fuhr). Dazu gehören jedoch auch die Schattenseiten: die Ruhelosigkeit, Depressionen, Selbstmordversuche, Annemaries Anfälligkeit für Drogen aller Art, vor allem Alkohol und Morphium. Dieses Leben musste sie irgendwann umbringen. Annemarie Schwarzenbach starb indes einen ernüchternd banalen Tod. In seiner Autobiografie »Der Wendepunkt« berichtet Klaus Mann: »Es war ein Radunfall [...]. Das ungebärdige Vehikel schleuderte unser Schweizerkind gegen einen Schweizerbaum, daran ihr Kopf - ihr schöner, lieber Kopf: »son beau visage d?ange inconsolable? - grässlich zu Schaden kam.«