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Edit e. V. (Hrsg.): jetzt stehen wir alle hier im plural

Edit e. V. (Hrsg.): jetzt stehen wir alle hier im plural

Edit e. V. (Hrsg.): jetzt stehen wir alle hier im plural. 125 S.

Schon vor Ausbruch der Pandemie haben die Herausgeberinnen des Leipziger Literaturmagazins Edit ihr neues Heft erstellt, das sich gerade jetzt besonders dringlich liest. Da heißt es im Editorial ungewollt passend: »Eine gewisse Ohnmacht ist nicht ohne Neugier; die Apokalypse mischt sich mit einer diffusen Behaglichkeit angesichts der vielversprechend steuerbaren neuen Wirklichkeit.« Die versammelten Beiträge leuchten diese Wirklichkeit aus: Jonas M. Mölzer sinniert mit seinem Protagonisten bei einer Wanderung durch ein »Territorium der Kargheit« über das Dasein als globales digitales Gespenst; in Dmitrij Gawrischs »Wird schon werden« erziehen sich die Menschen gegenseitig zu rundum glücklichen Bewohnern eines besseren Lebens und Steffen Popp fragt in seiner Keynote zur Verleihung des Essaypreises nach dem »Kern des essayistischen Pudels«. In ihrer hier erstmals auf Deutsch zu lesenden Geschichte »Mein schwarzes Ich« beschreibt die afroamerikanische Autorin Zora Neale Hurston das Leben in den USA. Der Text von 1928 hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt – das beeindruckende Zeugnis nimmt einen erschreckenden Stillstand vorweg. Die zu Collagen gefügten Malereien des Künstlers Jochen Mühlenbrink erscheinen wie das Tagebuch einer Quarantäne: mit dem Finger gezogene Linien auf beschlagenem Glas, ein unzureichender Ausblick auf die Welt vor dem Fenster. Und Autor Johannes Koch liefert in seinen Gedichten zufällig die Handlungsanweisung für den Hausarrest: »wir wechseln die evolutionsstrategie / geben alle tarnung auf: hier hast du / meine ängste. ich markier sie dir mit / bunten stiften: all die falsch / verwendeten emojis die anrufe in abwesenheit die sorgen um die zukunft. / ich mach uns heiße milch mit honig.« Linn Penelope Micklitz


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