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Elisabeth Plessen: Die Unerwünschte

Elisabeth Plessen: Die Unerwünschte

Elisabeth Plessen: Die Unerwünschte. 384 S.

Elisabeth Plessen wurde mit ihren 1976 veröffentlichten »Mitteilungen an den Adel« in der BRD bekannt. Selbst Tochter aus adligem Haus, rechnete die damals 32-Jährige darin mit der Aristokratie ab. Diese Vorgeschichte muss man bei der Lektüre von »Die Unerwünschte« im Hinterkopf haben, um zu verstehen, warum heute jemand noch ein Buch über dieses Milieu schreibt. Denn die Nöte der weiblichen Mitglieder von Gut Greiffensee und Gut Ahlefeld lassen einen leider ziemlich kalt. Nicht nur, weil diese Welt heute kaum noch relevant ist, auch Plessens Sprachduktus und das Fehlen einer stringenten Erzählstruktur tragen dazu bei. Die Idee, mehrere Generationen von Frauen zweier Adelsfamilien zu schildern, an ihnen die Veränderung der Lebensbedingungen wie des Zeitgeistes nachzuverfolgen, ist grundsätzlich interessant. Doch leider reißt die Autorin ihre Figuren nur an, bleibt vage, wo man sich mehr Verortung in der Zeit wünschte, überhaupt mehr Leben und weniger Reflexion. Am meisten erfährt man über Stefanie, die den falschen Mann heiratet, um es ihrer Familie recht zu machen, sowie über ihre Nichte Charlotte, die im Zuge der Studentenbewegung gegen das enge Korse ihrer Familie rebelliert. Die Männer sind als Väter, Brüder und Gatten machtbewusste Patriarchen aus einer vergangenen Zeit oder blass und charakterlos. Der Roman mäandert knapp 400 Seiten dahin. Plessens Sprache, überspannt mit gelegentlichen, übertrieben wirkenden emotionalen Ausbrüchen, passt zum Milieu, lässt die Figuren aber unsympathisch wirken. Schwer ist es, Interesse für ihre unterschiedlichen Lebenswege aufzubringen, dabei sind doch genau diese der Kern eines Generationenromans. Andrea Kathrin Kraus


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