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Elvira Steppacher

Elvira Steppacher

Blöße. Wien: Braumüller 2024. 352 S., 26 €

Elvira Steppacher.

Ein Buch zum Zurücklehnen auf der Couch ist »Blöße« nicht: Für Elvira Steppachers zweiten Roman sollte man hellwach sein, um bei der Lektüre nicht in dessen Dichte unterzugehen. Im Mittelpunkt steht die Ich-Erzählerin Sibylle, die in den achtziger Jahren Taxidermie studiert – die Kunst der Haltbarmachung von Tierkörpern. Schnell löst sie sich von ihrem charismatischen Mentor und baut ein eigenständiges Verhältnis zu ihren Präparaten auf. Die Notwendigkeit, mit ihrer Arbeit Grenzen zu sprengen, wird für Sibylle drängender, als sie sich in Moira verliebt, eine radikale Tierschützerin. Zwischen den Polen Wissenschaft und Politik reibt sie sich immer stärker auf, zumal sie sich eigentlich zur Kunst hingezogen fühlt. Die Taxidermie eignet sich bestens, um das Spannungsfeld von Natur und Kultur, Wissenschaft und Politik sowie – naheliegend – Leben und Tod auszuloten. Dazu wendet sich Sibylle in Rückblicken an eine Mäzenin und hält Zwiesprache mit den Tieren, die sie präpariert. »Blöße« ist deshalb über weite Strecken ein inneres Gespräch mit imaginierten Gegenübern. Diese atmosphärische Abgeschlossenheit trifft auf sprachliche Dichte. Steppacher verwendet eine gehobene, manchmal artifiziell wirkende Sprache; Fachtermini und Ausführungen zur Wissenschaftsgeschichte gehören ebenso dazu wie Lyrisches. Auf den letzten Seiten, im Jahr 2032 angekommen, ist Sibylle eine international bekannte Künstlerin, die ihre Werke auf der Grundlage ihrer taxidermischen Kenntnisse schafft und mit ihnen auf die sich vollziehende ökologische Katastrophe Bezug nimmt. Um diese abzuwenden, ist sie bereit, technologisch noch unbekanntes Terrain zu beschreiten. »Blöße« ist ein Buch, das viele Gedankenwege anbietet – man muss nur bereit sein, sie zu betreten. Andrea Kathrin Kraus


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