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Frank Schulz: Anmut und Feigheit

Frank Schulz: Anmut und Feigheit

Frank Schulz: Anmut und Feigheit. 336 S.

Bodo Morten ist tot. Es zerreißt einem das Herz, nach all den wunderlichen Jahren mit ihm. Klar, die Skatrunden mit Kolki, Satschesatsche (allein schon dieser Name!) und Heiner sind lange her, die Zeit in Griechenland, die wilden Jahre in Hamburg. Traurig war man deswegen schon länger, aber Trauer ist ja zum Glück ein Gefühl, das einen irgendwann nicht mehr lähmt, sondern mit Wärme ausfüllt. Die Hoffnung auf dieses Irgendwann rettet einen auch jetzt. »Nun mal halblang, Sportsfreund! Bodo Morten ist nur eine Romanfigur!«, mögen manche rufen. Aber denen ist ja eh nicht zu helfen. Auf 1.568 Seiten haben wir ihm beim Durchs-Leben-Stolpern zugesehen, beim »Saufm« und Rumwurschteln. Niemand schreibt mit mehr Stilbewusstsein, mit mehr Spaß an der Sprache über das Nichts und das Nur-unwesentlich-Mehr im Leben als Schulz. Niemand macht aus einer Tischtennispartie auf Noppensocken echte Literatur. Jetzt aber ist Bodo Morten tot, endgültig. Abgeschafft wie nebenbei, in einer der zwei Dutzend Erzählungen, mit Schulz-typischen »Szenen in Beige«, aber auch mit einem jede Kehle zuschnürenden »Rotkehlchen-Fragment«. Und dafür gehört Frank Schulz angeklagt. Man tötet nicht zwölf Jahre nach der »Hagener Trilogie« eine Romanfigur. Das ist ja das Wundervolle an der Literatur, dass wir jederzeit zu ihr zurückkönnen. Aber dann kommt dieser Schulz daher, dieser Gott im Rowohlt-Regener-Kosmos, dieser Mörder! Es trifft uns, wie der Tod, diese dumme Sau, uns immer trifft: trotz aller eventuellen Ankündigungen aus dem Nichts und von da direkt und mit aller Wucht ganz tief in den Magen. Es ist zum Heulen. Benjamin Heine


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