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Hanna Lemke

Hanna Lemke

Schublade wieder schließen, bitte - Lemke legt mit »Gesichertes« achtzehn intensive Erzählungen vor

Hanna Lemke.

Sie heißen Holm, Libbets, Fehbach und Jockel. Sie sind zwischen zwanzig und dreißig und wohnen in deutschen Großstädten. Sie besuchen Ausstellungseröffnungen oder Englischkurse und nehmen Aushilfsjobs an. Sie ziehen in Wohngemeinschaften ein und wieder aus. Sie sind verliebt, wurden verlassen oder ärgern sich über die Ex des neuen Freundes. - Auf den ersten Blick scheint es keinen Grund zu geben, das Debüt der DLL-Absolventin Hanna Lemke nicht als schreibschulgestählte Befindlichkeitsprosa abzutun. Und auch die Form gäbe dem voreiligen Leser recht: »Gesichertes« enthält achtzehn Erzählungen, jede um die zehn Seiten lang, jede aus der Ich-Perspektive und im Präteritum erzählt, der Tonfall immer gleich, viel »sagte ich«, viel »fragte er«, viel »ich stellte mir vor«. So lernen die das doch da.Und es wäre falsch zu behaupten, dass Lemkes Erzählungen nicht genau das darstellen, was man gemeinhin unter DLL-Prosa versteht. Doch gleichzeitig ist »Gesichertes« wesentlich mehr als dieses vermeintliche DLL-Prosa-Abziehbild. Nichts an diesen Geschichten ist kalkuliert, nichts ist austauschbar. Jedes Mal von Neuem fügen zwei oder drei Figuren sich zu einem Netz aus Sehnsüchten, Abhängigkeiten oder Unverbindlichkeiten zusammen, das am Ende ohne Pointe und Moral wieder auseinandergerissen wird. Jeder Satz, jede Metapher, jeder Dialog steht an der richtigen Stelle. So leicht der Tonfall dieser Geschichten scheint, so groß ist auch seine Wirkung. Zwar sind manche Texte - vor allem in der zweiten Hälfte des Buches - an einigen Stellen ein wenig befindlich und inhaltsleer geraten. Doch am Ende sind Holm, Libbets, Fehbach und Jockel lebendig geworden, jeder für sich, so als wären sie sympathische, bemitleidenswerte oder fremd-vertraute Nachbarn, der eine aus dem dritten Stock, der andere aus dem Erdgeschoss. Und auf so wenigen Seiten so viele Figuren zum Leben zu erwecken, das ist eine große Kunst Katharina Bendixen


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