Hannes Köhler. 232 S.
Felix ist weg. Wollte nur mal eben Zigaretten holen und ward nicht mehr gesehen. Zurück bleibt sein bester Freund Jakob, der Erzähler in Hannes Köhlers Roman »In Spuren«, den das Verschwinden des vermeintlichen Seelenverwandten aus der Bahn wirft. Wohin ist Felix geflüchtet, fragt sich Jakob, und vor allem: Wieso wusste ich nichts von seinen Plänen?Auf der Suche nach Spuren nistet sich Jakob in der Wohnung des verschwundenen Sandkasten-Freundes ein und saugt dessen Tagebucheinträge auf. Dabei erfährt er nicht nur von Felix‹ wachsenden Ängsten, einer selbstzerstörerischen Liebesbeziehung und schweren Depressionen (deren Anzeichen Jakob wohl gesehen, aber nicht ernst genommen hatte). Er lernt aber vor allem etwas über sich selbst und darüber, dass er sich trotz Freundin und Erfolg im Job genauso auf Sinnsuche befindet wie sein Freund. »Ich habe Angst, davon verrückt zu werden«, sagt er über die Routine des bürgerlich-gesicherten Daseins, »und noch schlimmer: Ich habe Angst, nie davon verrückt zu werden, nicht einmal ein kleines bisschen.«Hannes Köhler erzählt eine Buch-im-Buch-Geschichte, in deren Verlauf die Personen von Felix und Jakob immer mehr miteinander verschmelzen. Beide »Kneipenphilosophen« brechen radikal mit ihrem bisherigen Leben, beide wagen mit einem Experiment den Neuanfang, Ausgang offen. Das ist durchweg spannend zu lesen und eröffnet Blicke in immer neue Abgründe. Leider lässt der verklärte Grundton des Buches die Figuren seltsam entrückt erscheinen. Vielleicht liegt es an den lyrischen Dialogen, dass man als Leser selbst angesichts heftiger Verwerfungen statt Entsetzen eher wohlige Melancholie spürt, oder an den irreal poetischen Briefen und SMS. Vielleicht auch daran, dass ein paar Mal zu oft dampfende Teetassen umklammert werden. Auf jeden Fall ist auch das Ende der Geschichte stilistisch schön - mit Raum für die Leserfantasie, jedoch ohne Schauder.