Heike Geißler
Heike Geißler: Die Woche. Berlin: Suhrkamp 2022. 316 S., 24 €
Heike Geißler.
Die Zeit ist aus den Fugen geraten. Und auch sonst stimmt so einiges nicht mehr in Leipzig und im Rest von Deutschland, nein, in der Welt. Die Ich-Erzählerin in Heike Geißlers »Die Woche« und ihre beste Freundin Constanze sehen sich unaufhörlich mit Unzumutbarkeiten konfrontiert.
Alles andere als harmlos geht es los: Auf Sonntag folgt Montag in all seiner privaten und gesellschaftlichen Tragik, namentlich: die Abwesenheit des Wochenendes, Entmietung, die Demonstration über den Ring, nicht enden wollende Müdigkeit. Als wäre das nicht genug, folgen darauf weitere Montage, so schreibt es die Zeitung. Damit müssen die »proletarischen Prinzessinnen«, die Heldinnen dieser Geschichte, erst einmal lernen umzugehen. Nicht nur fühlen sie sich um ihren Wochenrhythmus betrogen, sondern grundsätzlich dem falschen Zeitalter ausgesetzt. Doch an Bewältigungsstrategien der Ohnmacht und chronischen Erschöpfung mangelt es nicht: Constanze konzipiert Seminare gegen Angst und für den heiteren Umgang mit Sinnlosigkeit, sie träumt sich in die Bürgerlichkeit – oder schreit, wenn wirklich alles zu viel wird. Zur unvorhersehbaren Realität gesellen sich in Geißlers Roman bizarre Kontinuitäten wie der
personifizierte Tod, der Kaffee kocht, oder ein unsichtbares Kind, das unentwegt fordert, geboren zu werden. In einer Woche voller Anfänge reist die Leserin durch Zeit und Raum, spaziert durch Paris und fährt aufs Land, besteigt ein Schiff nach Ischia und lernt von der Autorin, in den richtigen Momenten dünnhäutig zu sein und die Nerven zu verlieren. Die greift auf allerlei Märchenhaftes und feinen Humor zurück, um Alltagssexismus, Gentrifizierung und Demokratiefeinden zu trotzen. »Das ist ja das Mindeste, was wir tun konnten – die Scheiße persönlich nehmen.« Lucia Baumann