Ein junger burgenländischer Soldat kommt im Ersten Weltkrieg in einem siebenbürgischen Dorf unter und zeugt dort wenige Tage vor seinem Tod eine Tochter. Ein junges Mädchen ersteht in diesem Ort Jahre später einen wertlosen Ring mit blauem Stein und ahnt, dass ihr Lebensweg sie fortführen wird. Ein junger Mann im Rumänien der sechziger Jahre liebt sein Motorrad, die Frauen, das Reisen. Und eine nicht mehr ganz junge Frau im Heute lässt ihren Beruf, ihre Eltern, ihr Land zurück, um auf La Gomera ohne Bindungen zu leben.
Freiheit, Heimat, Sehnsucht: Das sind die Motive der vier über Generationen hinweg verbundenen Figuren in Iris Wolffs Roman »So tun, als ob es regnet«. Sie brechen freiwillig oder unfreiwillig in die Fremde auf, doch ihre Herkunft bleibt ein prägender Teil von ihnen. Sie wirken entwurzelt, und gerade darin besteht ihre Verwandtschaft, mehr noch als in ihren Genen.
Die Autorin – selbst in Siebenbürgen geboren – bleibt bei den Biografien ihrer Figuren vage. Manchmal lässt sie den historischen Kontext eher erahnen, als ihn konkret zu benennen. Vielmehr greift sie einen Zeitabschnitt im Dasein der Protagonisten heraus, zeigt sie in einer Umbruch- oder Aufbruchssituation und lässt dadurch ihre Persönlichkeit zutage treten.
Wolffs Sprache ist dabei auf eine bodenständige Weise poetisch, die vier Erzählungen sind atmosphärisch dicht geschildert. Doch kommt man den Figuren nur bis zu einem bestimmten Punkt nahe. Dann entziehen sie sich, dennoch – oder gerade deshalb – bleibt ihr Zauber bestehen. Andrea Kathrin Kraus