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Ivana Sajko

Ivana Sajko

Jeder Aufbruch ist ein kleiner Tod. Aus dem Kroatischen von Alida Bremer. Berlin/Dresden: Voland & Quist 2022. 180 S., 22 €

Ivana Sajko.

»Weg-von-hier – das ist mein Ziel«, heißt es in Kafkas Kurzerzählung »Der Aufbruch«, die der deutschen Übersetzung von Ivana Sajkos drittem Roman »Jeder Aufbruch ist ein kleiner Tod« vorangestellt wird: »Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise.« Auf so eine Reise begibt sich auch Sajkos Protagonist – ein gescheiterter, von Depressionen geplagter Schreibender, der sich an einem kroatischen Küstenort in den Zug nach Berlin setzt, um neu anzufangen, um (endlich wieder) zu schreiben, um all die Abgründe hinter sich zu lassen. Dass das Rattern des Zuges all das Grausame aus den Untiefen herholt, liegt auf der Hand: »Im Zug nach Berlin gibt es keine Zeit, obwohl es vorwärts geht, bewege ich mich zurück.« Wir folgen der atemlosen Fahrt des Protagonisten, beschrieben in kapitellangen Sätzen, nur durch Kommata getrennt, die wie Bahnschwellen den Rhythmus vorgeben, und ringen zusammen mit ihm nach Luft. Und dieses Ringen nach Luft ist zugleich ein Ringen um die Sprache, nach den richtigen Worten. Es ist eine schonungslose Reise, auf die uns Ivana Sajko in diesem schwarzen Buch schickt – schwarz wie das Notizbuch des Protagonisten. Eine genau komponierte, höchst politische und poetische Parabel, mit etlichen Bezügen und Zitaten – es geht viel um Gewalt, private, geerbte wie gesamtgesellschaftliche, um die Heuchelei der glatt geschliffenen Worte in Kongresshallen und die grausame europäische Flüchtlingspolitik, aber auch um das Schreiben: »vielleicht interessierte ich mich deshalb für Literatur (...), damit ich mich befreien konnte, damit ich in jedem Augenblick die Landschaft, die Sprache, das Schicksal, das Geschlecht ändern konnte« – und darin steckt auch die Hoffnung: im Finden der Sprache. Martina Lisa


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