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Jens Fuge: Steigt ein Fahnenwald empor

Jens Fuge: Steigt ein Fahnenwald empor

Jens Fuge: Steigt ein Fahnenwald empor. 640 S.

»Niemand wie wir« – so steht es am Norddamm des Alfred-Kunze-Sportparks in Leipzig-Leutzsch geschrieben. Hier spielt die BSG Chemie Leipzig in der Oberliga und ihre Vorgängervereine sind ebenfalls am Norddamm verewigt. Das Ambiente wirkt sehr historisch. Bereits zu DDR-Zeiten kritisierten Funktionäre die »englische Atmosphäre« vor Ort – in einem Stadion, das in den zwanziger Jahren entstand, Ende der vierziger Jahre eine Holztribüne erhielt, in den sechziger Jahren seine heutige Gestalt und das erste Stadion mit Zäunen zwischen Platz und Publikum war. All die Geschichten um die Mannschaften, die Spiele und vor allem die Fans sammelte Jens Fuge nun im ersten Teil der geplanten Chemie-Trilogie. Als eingeschworener, langjähriger Chemiefan ist das keine leichte Aufgabe und heraus ist kein einfaches Lesebuch mit den schönsten Bildern und Geschichten gekommen. Wichtig für Fuge war: »Es soll weder verherrlichen noch beschönigen.« Allein der nun vorliegende erste Band zeigt auf über 600 Seiten 1.500 Abbildungen. Chronologisch arbeiten sich Fuge und sein Co-Autor Ray Schneider durch die Jahrzehnte. Begonnen wird 1932 mit dem Vorgängerverein TuRa über die Nachkriegszeit als ZSG Industrie, seit 1950 als Betriebssportgemeinschaft Chemie mit dem Trägerverein VEB Lacke und Farben, dem ersten DDR-Meistertitel 1951, der zweite Titel 1964 als »Rest von Leipzig« – wurden zuvor doch alle Leistungsträger wegdelegiert – sowie der Pokalgewinn 1966. Je näher die Chronik an die Gegenwart kommt, desto mehr wächst das Material, das die einzelnen Jahrzehnte beleuchtet. Allen Kapiteln steht eine Zeittafel vor und ein allgemeiner Text zur jeweiligen historischen Situation auch außerhalb des Fußballplatzes. In den Kapiteln selbst finden sich unzählige Aufnahmen vom Spielgeschehen und den Fans im und außerhalb des Stadions zusammen mit Ausschnitten aus Tageszeitungen und Sportmagazinen, Vereinsnachrichten, Programmen zu Spieltagen, Karikaturen. Ab Mitte der fünfziger Jahre sind unter der Rubrik »Erinnerungen« Zeitzeugenaussagen nachzulesen und ab Mitte der sechziger Jahre Akten aus dem Ministerium für Staatssicherheit. So wird mit dem Buch auch Kultur- und Sozialgeschichte deutlich – wie sich Fans inszenieren, welche Botschaften auf ihren Bannern über die Feierkultur zu lesen sind usw. Ein Reigen in Grün-Weiß, der die Schattenseiten nicht vergisst. Innerhalb weniger Wochen war der Band ausverkauft, über einen Nachdruck wird nachgedacht. Im Oktober erscheint der zweite Band zu Fanclubs und 2018 zum FC Sachsen und dem Neubeginn als BSG Chemie Leipzig. Sicherlich in der jetzt schon vorliegenden Dichte voller Überraschungen. Britt Schlehahn


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