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Johannes Herwig: Bis die Sterne zittern

Johannes Herwig: Bis die Sterne zittern

Johannes Herwig: Bis die Sterne zittern. 253 S.

Mit einem einfachen Handschlag endet Harros unbedarfte Jugend am Connewitzer Kreuz. Heinrich, stellt sich sein Gegenüber vor, und nach ein paar Wochen ist nichts mehr, wie es vorher war. Harro, der Held der Geschichte, steht bald nicht nur vor der schwierigen Aufgabe, seinen Platz in einer Diktatur zu finden. Er wird erwachsen – etwas, das nie einfach ist, und in Nazi-Deutschland unter Umständen sogar lebensgefährlich. Es gibt leichtere Themen, die man sich für einen Debütroman vornehmen kann. Johannes Herwig verbindet in »Bis die Sterne zittern« eine Coming-of-Age-Story mit der Geschichte der Leipziger Meuten. Sein Buch beginnt mit einem harten Griff in die Tasten, bei dem auch ein paar falsche Töne mitschwingen. Wenn Harro sein Viertel beschreibt, dann scheinen manche Worte nicht die eines Kindes zu sein, sondern die des erwachsenen Autors. Aber nachdem er sich warm gespielt hat, entfaltet Herwig vor uns die gut recherchierte und wundervoll erzählte Geschichte einer Gruppe Jugendlicher in Connewitz. Die Figuren und ihre Sprache sind die großen Stärken des Buches und ziehen einen direkt mit hinein in den Strudel unvorhersehbarer Ereignisse. Gemeinsam mit Harro, Heinrich, Pitt, Hilma und Josephine steht man als Leserin neben der Paul-Gerhardt-Kirche und steckt die Köpfe zusammen, liegt lachend im Gras, teilt heimliche Zigaretten und kuriert den ersten Kater aus. Gemeinsam schmiedet man Pläne, teilt Prügel aus und kriegt auf die Fresse. Und durchlebt alle Gefühle zwischen dem ersten Kuss und einer größer werdenden Ohnmacht. Herwig lässt die Figuren so sein, wie sie sind. Er verbiegt sie nicht, um sie zu idealisieren, er erzählt einfach ihre Geschichte. Einfühlsam skizziert er Biografien und Zukunftsängste eines Sommers, über dem schon drohend das Gewitter hängt. Kein belehrendes Jugendbuch, kein schablonenhaftes Diktatur-Schicksal, sondern ein wichtiger und kluger Roman. Linn Penelope Micklitz


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