Joseph Ponthus
Am laufenden Band. Aufzeichnungen aus der Fabrik. Aus dem Französischen von Mira Lina Simon und Claudia Hamm. Berlin: Matthes & Seitz 2021. 239 S., 22 €
Joseph Ponthus.
Der französische Schriftsteller Joseph Ponthus erzählt in seinem autofiktionalen Text »Am laufenden Band« keine gute Geschichte – weder in Inhalt noch Form. Er schreibt vielmehr freie, ja wilde Stakkatoverse über seine Erfahrungen bei einer Zeitarbeitsfirma. Lesende tauchen ein in den Kosmos von Fisch-, Tofufabrik und Schlachthof. Es geht um Kollegialität, Frust, Müdigkeit, Monotonie, Kälte und die paradoxe Angst, zu versagen und den knechtenden Job zu verlieren. »Es gibt die Rückenschmerzen und die Erschöpfung, aber auch die Freude.« Arbeit prägt jeden von uns, Arbeit muss durchgehalten werden. Außerdem hängen mit der Arbeit bekanntlich die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsverhältnisse zusammen. Verhältnisse, mit denen es mancherorts nicht zum Besten steht. Seine bedrückenden Erfahrungen würzt Ponthus allerdings nur sparsam mit Klage und Marx, dafür etwas reichlicher mit melancholischem Humor, Apollinaire und Perec. Ein ambivalenter, ein kluger Schachzug. Nein, das Thema Arbeit und Arbeiterliteratur ist noch nicht durch – das wenigstens scheint die Meinung des Autors gewesen zu sein, der man sich nur anschließen kann. Solche Ausführungen braucht es in Zeiten, in denen über bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert wird, nach wie vor. Leider ist Ponthus im Februar 2021 an Krebs verstorben. »Am laufenden Band« ist vielleicht kein schönes Buch – besonders und besonders empfehlenswert ist es dafür umso mehr. Juliane Zöllner